Matthias Frense sieht den Ringlokschuppen auf gutem Kurs. Es kommen mehr Zuschauer und Fördergelder fließen. Es gibt aber auch Sorgen.
Im Ringlokschuppen läuft es gut: Die Zuschauerzahlen stiegen deutlich an; für das neue Jahr konnte die Summe an Fördergeldern, die durch vielversprechende Anträge eingeworben wurden, gegenüber 2016 um 25 Prozent auf 791 000 Euro gesteigert werden, eine Höhe, die in der Geschichte des Hauses bislang nur einmal getoppt werden konnte. Die Stimmung im elfköpfigen Stamm-Team, daran lässt Matthias Frense, seit zwei Jahren Chef des Hauses, im Gespräch keinen Zweifel, ist top. Trotz der starken Arbeitsbelastung haben alle „Bock“ für den schönsten Job, den es gibt, kräftig reinzuhauen. Und diesen Enthusiasmus spürt man auch, wenn man zu Proben, Vorstellungen oder zum Interview ins Haus kommt.
Die Begeisterung strahlt zurück, freut sich Frense, der häufiger, auch von unerwarteter Seite, angesprochen wird und Lob und Anerkennung erfährt. Aber raus aus dem Ausnahmezustand, in dem sich das Haus seit der existenziellen Krise vor zwei Jahren befindet, kommt das Team, das damals um sechs Köpfe geschrumpft ist, trotzdem noch nicht. Auch wenn die Etatplanungen sich im dritten Quartal 2016 bewegen und Altschulden in Höhe von 10 000 Euro abgebaut werden können.
Der Wermutstropfen, der die Situation trübt: der hohen Förderung stehen mit bis zu 50 000 Euro zu wenig Eigenmittel gegenüber. Um von Fördergeldern profitieren zu können, ist aber immer ein Eigenanteil notwendig, der in der Summe noch nicht erbracht werden kann. Daran ändert auch das Zuschauerplus nichts, weil die Ticketpreise sich in einem günstigen Bereich bewegen, erklärt Frense. Auch um diesen Missstand zu mindern, soll nun endlich ein Förderverein gegründet werden, der am Haus schon seit zehn Jahren ein Thema sei. Aber er sieht darin nicht nur einen Goldesel, sondern auch ein Forum, um Publikum, Künstler, Förderer und Interessierte in einen Austausch zu bringen und deutlich zu machen, „warum wir das überhaupt machen“.
Die Gründungsversammlung ist am Montag, 23. Januar, um 19 Uhr im Schuppen. Gäste sind willkommen. Auch bei der Vereinsmitgliedschaft wird ein niedriger Einstiegsbeitrag angestrebt, um die Mitgliedschaft nicht so exklusiv zu gestalten, der aber nach oben gestaffelt ist. „Aber darüber entscheidet die Versammlung“, so Frense. Er hofft, in diesem Jahr unter dem Dach der Beteiligungsholding der Stadt eine auskömmliche Finanzierung zu erzielen.
Überhaupt, der Austausch zwischen Publikum und Künstler ist Frense ein wichtiges Anliegen. Einführungen, wobei es nicht darum gehen soll, den Abend vorweg zu nehmen, und Nachgespräche mit den Künstlern hätten sich bewährt. Das sollte auf Augenhöhe und nicht von einem Podium herab geschehen und an Kontroversen hätten auch die meisten Künstler Spaß. „Es darf auch geschimpft werden“, betont Frense, der diese Form der Künstlergespräche der Vermittlung durch Theaterpädagogen vorzieht.
Ganz beeindruckt zeigt er sich von dem Erfolg von Rimini Protokoll mit Truck Tracks (läuft gerade in Bochum), was viele begeistert habe und einen neuen Blick auf die Stadt vermittelt habe. Die beiden Zusatztermine der Lastwagentour waren im Nu ausverkauft. „Die gute Nachricht: Rimini kommt im nächsten Jahr wieder“, kündigt der 52-Jährige an. Mit einem noch kleineren und intimeren Format. In einem privaten Wohnzimmer werden 15 Menschen Teil einer Inszenierung, die persönliche Geschichten und die Mechanismen des politischen Europa miteinander verzahnt. Das Kollektiv spielt mit den Erwartungen des Publikums und entwickelte ein politisch aufgeladenes Spiel der anderen Art. „Mit welch einfachen Mitteln diese amüsante Rundreise gestaltet ist, macht Staunen“, schrieb der Tiroler Tagesspiegel über das Konzept. Mehr dazu unter: www.rimini-protokoll.de
Die eindrucksvollste Aufführung für Frense im vergangenen Jahr war die Aufführung der chinesischen Gruppe „Chiten“ bei den Fatzer Tagen, die mit dem Brecht-material freier umgingen, als die Erben es in Deutschland gestatten würden. Andreas Rossmann im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen war begeistert über die Inszenierung, die den Text quicklebendig machte. Der große Aufmacher in der FAZ, von dem andere in der Stadt träumen, prangt als publizistisches Prädikat noch auf der Internet-Seite.
Fatzer wurde inzwischen an den Kammerspielen am Deutschen Theater in Berlin in der Fassung von Tom Kühnel und Jürgen Kuttner inszeniert, die dem Schuppen verbunden sind. Frense hat die Inszenierung auch gesehen und war begeistert, ob sie aber bei den nächsten Fatzer-Tagen zu sehen sein wird, ist noch offen, weil es von zahlreichen, dispositorischen und finanziellen Dingen abhänge. Aber auch jenseits der Qualität der jeweiligen Inszenierung haben sich die Fatzer-Tage für den Ringlokschuppen als produktive Quelle kreativer Ideen erwiesen.