Im Museum geht die Hannah-Höch-Ausstellung auf die Zielgerade. Höchste Zeit für einen Besuch. Zu Kunst & Kaffee kamen über 50 Interessierte

Jetzt lächelt uns der Mund auf gelbem Grund vom Ausstellungsplakat am Kunstmuseum in der Alten Post schon seit Wochen so verführerisch an, ohne dass bekannt wäre, wem denn dieses Lächeln gehört. Es ist der Mund von Marilyn Monroe, den Hannah Höch aus dem Titelbild des von ihr abonnierten Time Magazins vom April 1959 schnitt und 1969, also Jahre nach dem Tod der Schauspielerin, mit einem Vogelauge und anderen Schnipseln zu der Collage „Kleine Sonne“ fügte.

Museumschefin Beate Reese verriet dieses Detail bei der gestrigen Führung Kunst & Kaffee, bei der der Andrang mit über 50 Interessierten so groß war, dass die Gruppe geteilt werden musste. Es lohnt sich auch. Die auch vom überregionalen Feuilleton gelobte Schau sollten sich Kunstinteressierte nicht entgehen lassen. Aber sie müssen sich sputen. Am Sonntag schon endet die Ausstellung mit mehreren Führungen.

Führung im Dialog

Kunst & Kaffee läuft bereits seit sieben Jahren jeden ersten Mittwoch im Monat um 15 Uhr. Wie auch gestern kommen viele Stammgäste, die sich inzwischen ein solides Wissen über Kunst angeeignet haben, und auch immer wieder neue Interessierte. Ein intensives Gespräch ergibt sich schon während der Führung, wenn Reese Fragen stellend den Blick der Betrachter lenkt und Stichworte, Anregungen und Hintergründe zu Hannah Höch (1889-1978) liefert. Wie der Frontalunterricht in den Schulen Geschichte ist, läuft auch im Museum alles im erkenntnisfördernden Dialog. Während gestern Anja Bauer-Kersken dem größeren Teil der Interessierten einen Überblick über die gesamte Ausstellung gab, konzentrierte sich Reese auf die Collagen und die Verbindungen zur Pop Art. So stellte sie einem zarten Frauenkopf Höchs einen knalligen des französischen Pop-Artisten Martial Raysse gegenüber.

Der männliche und der weibliche Blick

Der Unterschied? „Das eine zeigt den weiblichen, das andere den männlichen, die Frau bleibt dort Objekt“, meinte ein männlicher Besucher. Neugierig blicken die Augen (eines stammt von einer Katze) aus der Collage, während Dekolleté und große Sonnenbrille die Blicke anziehen und die Frau im knalligen Rot posiert. „Heute würde man das ein It-Girl nennen“, erklärt Reese. Bei Höch fehlen dagegen Nase und Schultern und die Haare sind aus einer Illustrierten geschnitten. Die Künstlerin, so Resse, ein Medienjunkie. Neue Informationen waren Höch wichtig, denn Raumfahrt, Medizin waren Themen, die sie brennend interessierten. Ein verkapptes Selbstportrait zeigt sie als Eule mit einem Vergrößerungsglas auf einer Wolke sitzend und die Welt betrachtend. Das Motiv mit der Lupe findet sich auch in der großen Lebensbildcollage, eine Art Vermächtnis mit zahlreichen gedoppelten Fotos von Höch aus unterschiedlichen Perioden des Lebens. „Es zeigt, wie sie sich selbst sah“, erklärt Reese und in dem Gewimmel sieht man die Künstlerin neben dem Raumfahrer Neil Armstrong. Sie war aber auch „die Urfrau der feministischen Kunst“, das zeigt sich schon im frühen Selbstportrait von 1928, das sie mit Bubikopffrisur zeigt, die sich damals für junge Frauen aus großbürgerlichem Milieu nicht schickte. Die selbe Frisur trägt Stummfilmstar Asta Nielsen, deren Kopf auf „Roma“ von 1925 neben dem des Diktators Benito Mussolini auf Körpern in Badeanzügen montiert ist. Wenn Reese fragt, welchen Kinostar man heute auf einen Körper montieren würde, und als Antwort Uschi Glas oder Iris Berben kommt, sagt das viel über die Bedeutung von Kino für die ältere Generation.

Der Mülheim-Bezug

Später, im kleineren Kreis, zeigt Reese den Mülheim-Bezug in der Ausstellung: Eine selbst gestaltete Glückwunschkarte gegenüber der Lebensbildcollage. In einem Herz, das zwei Trauringe umschließt, sind die Initialien W und U zu sehen. Sie stehen für die Künstler Ursula Hirsch und Werner Graeff, die 1964 heirateten. Höch kannte den Konstruktivisten seit den 20er Jahren und rettete auch einige seiner Werke vor dem Zugriff der Nationalsozialisten. Reese hat darüber im Jahrbuch der Stadt geschrieben.