Mülheimer Politik schafft ersten CSU-Ableger. MVG fusioniert mit Modelleisenbahnfreunden. . . Eine (nicht ganz ernst gemeinte) Vorschau.

1 Angezapft ist. Der Duisburger Investor Henning Conle verkündet große Pläne: 2018, 50 Jahre nach dem Aus der Traditionsbrauerei Ibing, soll das Ibing-Pils wieder durch Mülheimer Zapfhähne fließen. Dafür soll gar die Brauerei-Ruine zwischen Heuweg und Alter Straße zumindest in Teilen wieder hergerichtet werden. Ein größerer Teil des Geländes wird aber geräumt. Es entsteht ein Apartment-Dorf für Erlebnisgastronomie.

2 Bunter wird’s nimmer. Oder doch? Als wäre der Stadtrat nicht schon in der Entscheidungsfähigkeit genug gehemmt, bringen zwei Abspaltungen nun ein noch unübersichtlicheres Bild. Jochen Hartmann macht seinen Traum wahr, schmeißt den Job als Fraktionschef des Bürgerlichen Aufbruchs hin und feilt mit zwei CDU-Abtrünnigen an einer neuen politischen Laufbahn in der ersten CSU-Fraktion außerhalb von Bayern. Auch die SPD erlebt einen Bruch: Der linke Flügel spaltet sich angesichts der weiter steigenden Armutszahlen in der Stadt ab und belebt eine Partei aus der Weimarer Republik wieder: die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands).

3 Plan B, der x-te. Das neue Pflaster schon marode, der Wochenmarkt gescheitert: Die Politik debattiert über neue Pläne für den Rathausmarkt. Nach monatelangen Diskussionsrunden mit Bürgern ist nun klar: Der Rathausmarkt wird Freilichtmuseum. In 30 kleinen Häusern präsentieren nun Mülheimer aus allen Stadtteilen und Schichten, wie sie in ihren eigenen vier Wänden leben. Planungsamtsleiter Jürgen Liebich und Planungsausschussvorsitzender Dieter Wiechering sehen das als Pfund für die Stadtentwicklung: „Endlich bekommt Mülheim seine gute Stube zurück.“

4 Bis der Arzt kommt. Nachdem der letzte Hausarzt den Norden der Stadt verlassen hat, reagiert die Kassenärztliche Vereinigung und schickt in Kooperation mit der Mülheimer Verkehrsgesellschaft rollende Hausarztpraxen durch die Stadt. Patienten kann das aber nicht befrieden. Auch wenn sie früher lange in den Wartezimmern ausgeharrt haben: „Das war gegen die Unpünktlichkeit der Doc-Busse jetzt wirklich ein harmloser Husten.“

5 Ein neues Denkmal. Eine Nachricht der obersten Denkmalschützerin des Landes kostet dem Baudezernenten Peter Vermeulen seinen Job. Auf bislang ungeklärte Weise war ein Brief der Landesbehörde an die Stadt verschollen, wonach der Kaufhof schon im Frühjahr 2016 unter Denkmalschutz gestellt worden war. Jetzt muss die Stadt Mülheim nicht nur die Investoren des geplanten Schloßstraßen-Quartiers entschädigen, sondern das Warenhaus nach alten Plänen und für einen Millionenaufwand neu aufbauen. Unklar ist noch, wie der Kaufhof künftig genutzt werden soll: Für Spielhallen, Ein-Euro-Läden oder Handy-Shops ist er zu groß, stellen Gutachter fest.

Gescheitert an Eitelkeiten

6 Mega-Fusion. Nachdem die Fusion von Mülheimer Verkehrsgesellschaft und Essener Verkehrs AG auf den letzten Metern doch noch wegen der Essener Eitelkeiten gescheitert ist, zaubert Oberbürgermeister Ulrich Scholten den Plan für eine Mega-Fusion aus dem Hut: Die MVG geht mit den Mülheimer Modelleisenbahnfreunden zusammen. „Wir erhoffen uns kräftige Synergieeffekte“, sagt Scholten bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz im Rathaus. „Straßenbahn-Strecken, die wir stilllegen, gehen Mülheim fortan nicht mehr verloren. Sie werden von unseren Partnern bei den Modellbauern im deutlich kostengünstigeren Miniaturformat weiter existieren.“

7 Gibt’s nicht. Historikerin Brigide Schwarz hat die nächste Hiobsbotschaft für die stolzen Mintarder. Nachdem sie bereits aufgedeckt hatte, dass dem bislang verkündeten Alter der Dorfkirche eine Urkundenfälschung zugrundelag, geht sie nun mit ihrer nächsten Entdeckung an die Öffentlichkeit: „Mintard gibt es gar nicht!“ Die Mintarder sind erzürnt, doch Brigide Schwarz präsentiert Fakten, die belegen, dass hier – anders als im Fall der Bielefeld-Verschwörung – tatsächlich davon auszugehen sei, dass es das Dorf gar nicht gäbe. Die Mintarder wissen nun noch weniger als zuvor, wohin mit sich: Ab nach Kettwig – oder doch nach Mülheim?


8 Unter massiven Einsatz von Polizeikräften wird die Entenfang-Siedlung geräumt. Dort soll nach dem Willen des NRW-Bauministeriums doch niemand mehr dauercampen können. Die Umsiedlungsaktion führt 500 mittellose Menschen zum Steinbruch Rauen. Dort angekommen, trauen die Menschen ihre Augen kaum: Ein See ist angelegt, Campingstühle stehen bereit, auf den Grills brutzeln die besten Bratwürste, die der Speldorfer Metzger Röhm je kreiert hat. Alle Enttäuschung ist im Nu verflogen.

Sechs Alligatoren in die Teiche

9 Wilde Zeiten. Mumien-Spender Hugo Stinnes und sein 1943 ausgebombtes Aquarium lassen Dutzende Geschichtsbegeisterte nicht mehr los. Zu Ehren des Großindustriellen und mit Hilfe aus der Wirtschaft gründen sie einen Förderverein, der der Familie Stinnes schon im Sommer alle Ehre macht: Im Witthausbusch werden Tiere aus fernen Ländern ausgewildert, als erstes schleichen sich sechs Alligatoren in die Teiche. Um die wildlebenden Tiere kümmern sich Schulklassen, eine Kooperation mit der wachsenden Lernwerkstatt Natur sei Dank.

10 Immer wieder MVG. Neu-Geschäftsführer Uwe Bonan revolutioniert das Pünktlichkeitsversprechen des Verkehrsbetriebes. Der Ex-Stadtkämmerer bietet Fahrgästen Wetten an, dass ihr Bus oder ihre Straßenbahn pünktlich kommt. Schon bald muss sich Bonan selbst ins Fahrerhaus der Straßenbahn 104 setzen, um nicht als Wettverlierer dazustehen. Trotz Taktausdünnung leidet die MVG mal wieder unter Fahrermangel.

Eine vierte Gesamtschule

11 Strahlemann. Ratsherr Hasan Tuncer kann sein Glück nicht fassen. Nach dem Deal mit Rot-Rot-Grün zum Haushalt 2017 schafft er es als Alleinkämpfer des Bündnisses für Bildung auch 2018, das Zünglein an der Waage sein zu dürfen. Für sein Ja zum Haushalt 2018 macht er zur Voraussetzung, dass Mülheim auf dem alten Gelände der Eppinghofer Hauptschule an der Bruchstraße tatsächlich eine vierte Gesamtschule bekommt. Seine Zustimmung wird ihm von den Politstrategen anderer Couleur entlockt. Man könne ja mal einen Prüfauftrag erteilen...

12 Der Ruhrverband hat sein Forschungsprojekt „Sicheres Baden in der Ruhr“ abgeschlossen. Hygienische Bedenken sind ad acta gelegt. Pünktlich zur Badesaison eröffnet der Mülheimer Sport Service im Beisein von Oberbürgermeister Ulrich Scholten (mit Loriot-Badekappe) in den Saarner Ruhrauen den Ruhrbadebetrieb. Tausende Mülheimer springen gleichzeitig ins Nass, so dass sich eine Welle auftürmt und in der Innenstadt für eine Überschwemmung sorgt, die seit dem 16. August 1954 einmalig ist, wie Stadthistoriker berichten.