Wegen Erneuerung des Bahnsteigs an Gleis 2 halten Züge jetzt ganz vorne. Nur: Nicht jeder Fahrer der Bahn hält sich daran.
- Bahnkunden beklagen das Chaos rund um die Baustelle am Mülheimer Hauptbahnhof
- Die Wege sind länger, die Provisorien bleiben während der Bauphase bestehen
- Ein Zugführer hielt zuletzt gar genau vor einem Bauzaun, Kunden war der Einstieg versperrt
Wer vom Hauptbahnhof mit den Zügen Richtung Essen abfahren möchte, muss in den nächsten Wochen dort mehr Zeit einplanen. Wegen Bauarbeiten auf der Plattform sind die Wege zum Gleis 2 jetzt länger. Regionalzüge und S-Bahnen halten jetzt an der östlichen Spitze des Bahnsteigs. Der Weg dorthin ist mit Pfeilen an den Bauzäumen ausgeschildert.
„Weil auch die Stufen neben der Rolltreppe gesperrt sind, müssen alle ankommenden Fahrgäste aus Richtung Duisburg den einzigen noch freien Abgang auf der Westseite benutzen“, sagt ein Bahnsprecher. Der Aufzug sei trotz Bretterverschlags erreichbar. Das ist auf dem Bahnsteig erkennbar.
Für Reisende ergibt sich auf dem Weg zu ihren Zügen dennoch ein ungewohntes Bild. Als die Firma die Baustelle eingerichtet habe, haperte es noch, sagt der Bahnsprecher. „Erfahrungsgemäß spielt sich das aber bald wieder ein.“ „Das ist ein Irrgarten“, meint dazu Leser Dirk Hammerschmidt. „Die S-Bahnen 1 und 3 halten jetzt ganz vorne und man muss einen ellenlangen Weg laufen. Es gibt nur einen Treppenabgang. So etwas Dummes habe ich noch nie gesehen. Also noch mehr Zeit einplanen oder nur noch Regionalexpress fahren.“
Pendler Jürgen Pastowski machte am Dienstag eindrucksvolle Erfahrungen und schildert, dass er wegen großer Verspätung seines gewohnten Regionalexpresses am Morgen über Oberhausen nach Mülheim gefahren sei. „Im Zug gab es keinen Hinweis zum verschobenen Ein-/Ausstieg, so dass manche beim Aussteigen fragten, wo sie denn jetzt überhaupt seien.“ Einsteiger hätten das mit dem verschobenen Halt nicht mitbekommen, so dass „eine Hatz, teils mit Koffern, einsetzte. Damit eine ältere Dame noch mitkam, stellte ich mich in eine Zugtür. Ob es den Bahnern gefallen hat, weiß ich nicht“, erläutert Pastowski.
„Fahrgäste in Käfighaltung? Gibt es das? Jawohl, auf dem Mülheimer Hauptbahnhof!“, beschreibt der Pendler. Er sah sie am Dienstagabend auf dem Bahnsteig Richtung Essen. „Dort sollte um 19.10 Uhr der Regionalexpress 42 einrollen. Laut Fahrplan auf Gleis 1. Tat er aber nicht. Der Zug fuhr am Gleis 2 ein. „Aber dort, wo die Züge normalerweise halten, waren wegen der Bauarbeiten die Bereiche bereits weiträumig mit übermannshohen Metallzäunen eingegrenzt“, sagt Pastowski. „Zutritt selbstverständlich verboten.“
„Beförderungsunternehmen haben Fahrgäste in Richtung Essen auf Plakaten angewiesen, sich für den Einstieg etwa 50 bis 100 Meter weiter auf dem Bahnsteig (Richtung Essen) einzufinden.“
Fahrgäste von Bauzäunen eingesperrt
Gut ausgedacht, aber der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Statt den Zug am bereits erneuerten Bahnsteigabschnitt anzuhalten, stoppte der Zugführer haargenau vor dem umzäunten Bereich. Aus den aussteigenden Fahr- wurden ungewollte Zaungäste, die den Baustellenbereich nicht mehr verlassen konnten“, schildert Jürgen Pastowski seine Beobachtungen. „Es ging zwar noch einen Abgang hinunter, doch letztlich stand an deren Ende ebenfalls ein großes Gatter. Der Protest war nicht überhörbar – so lange, bis ein sichtlich gestresster und ein wenig raunziger Bahnbediensteter nach langem Suchen eine Lücke in der Umzäunung auftat, um die entnervten Reisenden aus ihrer Haft zu befreien.“
Nicht besser sei es jenen ein bis zwei Dutzend Fahrgästen ergangen, die treu der Bahnaufforderung auf dem äußeren, nicht umzäunten Bereich des Bahnsteigs auf den Zug warteten. Ihnen habe der Bauzaun den Weg zum Zug versperrt. „Ihre Hoffnung, der offensichtlich uninformierte Zugführer werde sein Gefährt zur nicht umzäunten Fläche vorbewegen, blieb eine trübe. Trotz ihrer verzweifelten und gut sichtbaren Hand - und Armzeichen fuhr der Zugführer offensichtlich ungerührt an ihnen vorbei“, meint der Pendler. Auf dem Bahnsteig sei dagegen das Wut- und Wehgeschrei der Zurückgelassenen zu hören gewesen.
„Falls jemand am Zaun behauptet, die Deutsche Bahn habe nicht mehr alle Latten auf dem selbigen, ist das natürlich eine böse Unterstellung“, meint Pastowski. „Ein bedauerlicher Vorfall, für den wir uns entschuldigen“, erklärt dazu ein Bahnsprecher.