Mülheim. . Ein Albaner möchte eine Bäckerlehre anfangen – und hat auch viele Unterstützer. Weil er nicht genug Geld verdienen würde, musste er ausreisen.
- Motivierter Azubi ist für eine Bäckerei ein Segen, sagt der Chef
- Für das kommende Lehrjahr gebe es keinen anderen Bewerber
- Tarifgehalt von 500 Euro reicht nicht, um bleiben zu können
Ein Flüchtling aus Albanien hat den Wunsch, in Mülheim eine Lehre anzufangen. Er möchte Bäcker werden. Längst hat er den Ausbildungsvertrag in der Tasche. Doch das Lehrlingsgehalt reicht nicht aus, um bleiben zu dürfen. Mittlerweile ist der 21-Jährige zurück in seiner Heimat und seine Zukunft ungewiss. Almend Bushi stammt aus Durrës an der Adria, der zweitgrößten Stadt Albaniens.
Obwohl Durrës mehr Einwohner hat als Mülheim, lebt die Familie in armen Verhältnissen. Stundenlang gibt es keinen Strom, die Familie lebt davon, Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten einzukochen. Deshalb ging der 21-jährige Sohn nach Deutschland, um eine Ausbildung zu finden.
Um halb drei nachts mit dem Fahrrad aus Saarn
Hier hatte er das Glück, auf Julia Zähres zu treffen. Die Mülheimerin engagiert sich über den Stifterverband für Flüchtlinge, unterstützt bei Behördengängen und sorgt auch für Freizeitgestaltung. Von einer Führung durch die Backstube der Bäckerei Hemmerle war Almend Bushi so angetan, dass Julia Zähres ihm anschließend ein vierwöchiges Hospitationspraktikum in der Bäckerei organisierte. „Er ist jeden Tag um halb drei nachts mit dem Fahrrad aus Saarn gekommen, war äußerst interessiert und motiviert und hatte in der Zeit bereits ziemlich gut Deutsch gelernt“, erzählt Mandy Trautwein, die im Personalbüro von Hemmerle arbeitet.
Das Unternehmen wollte dem Albaner daraufhin einen Praktikumsplatz ab 1. August 2017 anbieten. Ein motivierter Azubi ist für eine Bäckerei ein Segen, schließlich hat die Sparte mit Nachwuchssorgen zu kämpfen. Für das kommende Lehrjahr hat Hemmerle bislang keinen einzigen Bewerber. „Es kann also auch nicht die Rede davon sein, dass hier Deutschen ein Arbeitsplatz weggenommen wird“, betont Mandy Trautwein.
Albanien gilt als sicheres Herkunftsland
Da Almend Bushi aber als sogenannter Wirtschaftsflüchtling und Albanien als sicheres Herkunftsland gilt, müsste der 21-Jährige im Monat 800 Euro zur Verfügung haben, um keine Kosten für den Staat zu verursachen. In der Ausbildung würde Bushi nach Tarif aber nur ungefähr 500 Euro verdienen. Ob eine vom Arbeitsamt geförderte Einstiegsqualifizierung möglich ist, bleibt bislang unklar. „Er wäre bereit, noch einen Minijob anzutreten“, weiß Mandy Trautwein. Auch dazu haben sich die zuständigen Stellen bislang nicht geäußert. „Keiner entscheidet etwas, es ist ziemlich frustrierend“, sagt Trautwein, die mittlerweile unzählige Telefonate geführt und zahlreiche Emails geschrieben hat.
Bis Mitte September hat sich weiterhin nichts getan. Um einer Ausweisung und damit einer 36-monatigen Einreisesperre nach Deutschland zu entgehen, reiste Almend Bushi freiwillig zurück nach Albanien. Dort versucht der 21-Jährige weiter fleißig Deutsch zu lernen. Regelmäßig schickt er Übungsblätter via Whatsapp nach Deutschland, damit sie Julia Zähres korrigieren kann. Die Netzwerkerin sagt: „Hier ist eindeutig Potenzial vorhanden.“ Auch Geschäftsführer Peter Hemmerle ist von den Qualitäten des jungen Albaners überzeugt. „Wir würden uns ja nicht so ins Zeug legen, wenn wir nicht wüssten, dass er es wert ist.“
Beteiligte haben Hoffnung noch nicht aufgegeben
Die Beteiligten haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Am Mittwoch bekam Mandy Trautwein einen Anruf von der Ausländerbehörde. „Er muss nun einen Antrag bei der Botschaft einreichen und dort die Praktikumsbestätigung und den Ausbildungsvertrag hinterlegen. Das Ganze wird dann nach Mülheim weitergeleitet“, erklärt Mandy Trautwein.
Julia Zähres hat aus dem ganzen Fall eines mitgenommen: „Integration funktioniert nur über ehrenamtliches Engagement. Über Patenschaften könnten viel mehr Leute in Arbeit gebracht werden.“