Christen, Muslime und Juden bildeten das Mülheimer Bündnis der Religionen/Glaubensgemeinschaften für Frieden.Anregung aus dem Friedensforum. Gemeinsame Erklärung und Ziele im Zeichen der Toleranz
INTERRELIGIÖSER DIALOG Ein Hofanbau neben einem Reifenlager ist der Ort, an dem ein kleines Stück Geschichte geschrieben wird. Im nüchternen Gewerbe-Umfeld am Hingberg liegt das Alevitische Kulturzentrum. An diesem Tag ist es Tagungsort für das Mülheimer Bündnis der Religionen/Glaubensgemeinschaften für Frieden.
Rund um den großen Tisch sitzen die Vertreter, die zum Bündnis zusammengefunden haben, die in den letzten Monaten am Wortlaut für eine Erklärung und eine Broschüre (1000 Stück Auflage) gefeilt haben. Ein langwieriger, ein überfälliger Prozess. So sehen es alle. Sayed Siam von der Islamischen Gemeinde und Adnan Kaya für die Aleviten gehören zum Bündnis und den Unterzeichnern der Friedens-Erklärung. Die Bahai-Gemeinde ist vertreten, der evangelische Kirchenkreis durch Pfarrerin Christiane Wittenschläger. Michael Rubinstein sitzt für die Jüdische Gemeinde Mülheim-Duisburg-Oberhausen am Tisch. Als Geschäftsführer hat er die Erklärung unterschrieben. Wie auch Pfarrer Michael Janßen für die katholische Kirche und Siegfried Stoltze von der Evangelisch-methodistischen Kirche.
Kontakte, Gedankenaustausch - all' das ist längst in Gemeinden durchaus verankert. "Muslime zeigen seit Jahren, dass sie dialogbereit sind", findet Wittenschläger. Nun sei die "Zeit einfach reif für das Bündnis. Endlich haben wir eine Etappe erreicht, von der es gut weitergehen kann", glaubt Angelika Romeik vom Friedensforum, das sich als "Geburtshelfer" des Bündnisses versteht. "Wir sind froh, dass wir an dem Punkt angekommen sind", betonen Siam und ebenso Mostafa Fettah von der Moschee Arrahma.
Engagierte Christen, Muslime und Juden haben das Bündnis geformt. Wichtig sei die gemeinsame Erklärung, sagen sie. Aber viel wichtiger sei gewesen, ins Gespräch zu kommen. Rubinstein: "Es hat sich gezeigt, dass wir als Repräsentanten unserer Religionen gerne übereinander reden. Aber es ist wichtig, dass wir zusammenfinden. Wir haben in intensiven Dialogen eine gemeinsame Basis gefunden. Ziel muss sein, das weiter zu tragen, Massen zu erreichen."
"Religion wird häufig manipuliert und benutzt zur Begründung von Gewalt. Deshalb geht es darum, dass sich Religionen selbst zu Wort melden", meint auch Klaus Heienbrok. Der Theologe war bis 2001 Direktor der Evangelischen Akademie Haus der Begegnung und ist jetzt im Friedensforum aktiv. Mitgestaltet hat er den Dialogprozess ebenso wie Prof. Eckart Gottwald. Der Mülheimer gehört zu den Sprechern von "inter religion(e)s", einem Verein, der sich bundesweit als Forum für den Zusammenschluss verschiedener Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen versteht. Was in Mülheim geschafft wurde, sagt er, sei im Lande bislang die Ausnahme.
Moderiert und begleitet hat den Prozess das städtische Agenda-Büro. "Aber nach der Gründung werden wir uns rausziehen", sagt dessen Leiter Hartmut Kremer. "Dann trennen wir Staat und Kirche."
Nicht alle Muslime, aber auch nicht alle Christen sind in den Prozess eingebunden. Bislang. Das Bündnis versteht sich als offenes Forum. Evangelischer Frauenbund und Marokkanischer Kultur- und Sportverein unterstützen die Ziele, von den türkischen Vereinen wird die Fatih-Moschee dazustoßen. "Es war ein guter Prozess, den Nachbarn zu sehen und über die Grenzen der eigenen Religion hinauszuschauen", sagt Heienbrok. Für Pfarrer Stoltze ist es wichtig, "dass so viele vertrauensbildende Maßnahmen stattgefunden haben. Das ist eine gute Hilfe, größere Herausforderungen zu meistern."
Besuche, gemeinsame Gottesdienste, weitere Gespräche und Aktionen sollen nun von der Idee in die Praxis führen. "Die Entstehung des Bündnisses", sagt Firouz Foroutan von der Bahai-Gemeinde, "haben wir gerne begleitet. Und wir sind gerne dabei."