Gesamtschule Saarn integriert den Start ins Berufsleben seit sechs Jahren in den Unterricht. Zusammenarbeit mit Betrieben und der Agentur für Arbeit trägt Früchte für alle Beteiligten. Kennenlernen ersetzt Kopfnoten

AUSBILDUNGS-OFFENSIVE EINE AKTION VON WAZ UND PARTNERNEs gibt sie, die gute Nachricht, die belegt, dass der oft zitierte Trend nicht alles ist. Ein Beispiel dafür liefert die Gesamtschule Saarn, wo bereits im sechsten Jahr der Job-Start als Unterrichtsfach gepflegt wird. Erfolgreich, darf dazu angemerkt werden, denn die Bilanz liest sich positiv.

48 Gesamtschüler haben seit dem Schuljahr 2001/02 an der Aktion teilgenommen, 30 von ihnen fanden einen Ausbildunsgplatz. Mit Hilfe der Schule, der Agentur für Arbeit (die das Projekt vor allem als kostenneutral lobt), der heimischen Wirtschaft - doch vorrangig durch eigenes Engagement, das unabdingbare Element für den eigenen Erfolg.

"Am Anfang stand ein Wettbewerb der Alfried-Krupp-Stiftung", erinnert Rüdiger Barkat, als Beratungslehrer in Saarn für die Organisation des Projektes zuständig, an den Startschuss. Da ging es um Engagement für den Übergang zwischen Schule und Beruf, was der Schule zwar keinen Preis einbrachte, doch das Selbstbewusstsein stärkte. Mit dem Konzept wollte man mehr machen, als es in einer Schublade verschwinden zu lassen.

Die Idee: Schüler der neunten Klassen (pro Jahr etwa 180) erhalten das Angebot, ab der zehnten Klasse ein schulbegleitendes Tagespraktikum zu machen - mit der Option, nach Ende der Schulzeit in dem Betrieb einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Den verpassten Unterricht gilt es zusätzlich nachzuholen, soll heißen: Praktikum schützt vor Mathe nicht. "Sind die Bedingungen klar", so Barkats Erfahrung, "bleiben von rund 15 Interessenten zehn bis zwölf Teilnehmer pro Jahr, denen der aufnehmende Betrieb bereits ein großes Engagement unterstellen darf."

Die Erfahrungsberichte aller Beteiligten stützen das Projekt. Moncef Mahmoudi, Direktor des Best Western Hotels im Forum, räumte offen ein, dass die Auszubildende aus dem Jahr 04/05 ohne diese Zeit des Kennenlernens keine Chance gehabt hätte. Inzwischen ist die angehende Holtelfachfrau eines der vielen positiven Beispiele für den Job-Start.

Erfahrungen, die Rainer Hemmelmann bestätigt. "Sein Philip" wird nach Schulschluss eine Ausbildung als Elektrotechniker in dem Mülheimer Fachbetrieb beginnen. Von unschätzbarem Wert sei das persönliche Kennenlernen, "vor allem weil es keine Kopfnoten mehr gibt". Der 16-jährige Philip Schmidt schilderte die Zeit aus Sicht der Schüler: "Mir hat das viel gebracht. Es ist ja nicht nur für den Betrieb wichtig zu sehen, wie wir sind. Ich konnte so feststellen, ob der Beruf und der Betrieb zu mir passen." Und wenn es nicht klappt, wie bei Amira Zahirovic, die bei Edeka-Paschmann war? "Ich habe gemerkt, dass der Einzelhandel doch nichts für mich ist", so die Schülerin. Verloren sei die Zeit und die Arbeit trotzdem nicht gewesen. Sie orientiert sich jetzt im Gesundheitswesen. Froh darüber, dass ihr eine Fehlentscheidung erspart geblieben ist.