Rund 800 Metaller bei Siemens, Wernert Pumpen und Neumann Elektronik legten die Arbeit nieder.Tarifrunde: Gewerkschaftschef Ulrich Dörr lehnt konjunkturabhängige Einmalzahlungen ab

Die Siemens-Mitarbeiter muss man in diesen Wochen nicht lange von Arbeitskampf-Maßnahmen überzeugen. Und so traten gestern rund 700 in den Warnstreik - gemeinsam mit 100 von Wernert Pumpen und 15 von Neumann Elektronik.

Betriebsrat Stefan Ritschel bringt die Gemütslage seiner Kollegen auf den Punkt: Siemens zahle einer US-Anwaltskanzlei 48 Mio $, um die Korruptionsfälle im Konzern aufzuklären. Den Mitarbeitern aber zeige man in der laufenden Tarifrunde aber die kalte Schulter.

Die Metaller mit ihren roten Mützen, die sich am Siemens-Werkstor im Hafen versammeln haben, jubeln und blasen in ihre Trillerpfeifen. "Die Auftragsbücher sind voll, wir wollen auch etwas davon haben", formuliert Alf van de Wetering, stellv. Leiter des Siemens-Vertrauenskörpers, das Ziel. Er lässt ein großes Plakat mit einem roten Daumen herumgehen, auf dem sich die Kollegen eintragen. Mittags wird der Daumen dem Standortleiter übergeben - mit dem Auftrag, er möge sich beim Metall-Arbeitgeberverband für eine faire Lösung des Tarifstreits einsetzen.

Ulrich Dörr, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall, blickt über den Tellerrand hinaus. Er warnt die Arbeitgeber vor einem "Strategiewechsel" und lehnt konjunkturabhängige Einmalzahlungen ab. "Wir brauchen Verlässlichkeit bei den Einkommen", plädiert er für tabellenwirksame Lohnerhöhungen.

Namentlich knöpft sich Dörr den Unternehmerverbandspräsidenten Heinz Lison vor, der in der WAZ eine geringe Beteiligung an den Warnstreiks voraussagte, weil die Mitarbeiter die Zulagen für Überstunden begrüßten. Der Gewerkschaftschef: "Ja spinnt der Mann denn? Wir lassen doch einen vernünftigen Tarifvertrag nicht gegen Überstunden austauschen."

Sollte der erwartete Durchbruch bei den Tarifverhandlungen in Baden-Württemberg in der Nacht nicht geschafft werden, so Dörr, sei die IG Metall zu allem entschlossen, um ihre Forderung nach 6,5 % mehr Lohn und Gehalt durchzusetzen: "Wir gehen einem aufgezwungenen Arbeitskampf nicht aus dem Weg. Und ich sage voraus, der wird Schmerzen bereiten."

Ein Streik würde insbesondere auch das Siemens-Dampfturbinen-Werk in Mülheim treffen. Verspätete Auslieferungen honorieren die Kunden keineswegs.