Die MBI erteilt den großen Parteien im Rat durchweg schlechte Noten.Drittstärkste Fraktion bekämpft Ruhrbania, stemmt sich gegen Privatisierungen und will unbequem bleiben
THEMA DER WOCHE HALBZEITPFIFF IM RAT Stundenlang könnten sie reden, über all das, was aus ihrer Sicht schlecht läuft, nicht läuft, gefährlich verläuft. Halbzeitstand: Lothar Reinhard und Hans-Georg Hötger sehen den Bürger stark im Hintertreffen.
Die beiden Politiker sind die Matadore der Mülheimer Bürger-Initiativen (MBI), die mit über zehn Prozent dritt-stärkste Fraktion wurden. Im Rathaus hat die Partei wenig Freunde, auch deshalb, weil sie stets Zweifel hegt, Pannen wittert, Postengeschacher vermutet, Geheimniskrämerei beklagt, Akteneinsicht verlangt. Weil sie manches Foul begeht, wie politische Gegner meinen.
Die MBI greift an: Vor allem das Projekt Ruhrbania, ihr "Lieblings-Feindbild". Sie halten das Vorhaben für ein finanzpolitisches Grab, an dem noch die nächsten Generationen zu leiden haben werden. "Ein Irrsinn", warnt Reinhard und verweist immer wieder auf das hohe Risiko der Stadt. Gern spielt die Partei mit Bildern, spitzt zu: Sie macht Ruhrbania zur Flaniermeile der Reichen und spricht im nächsten Atemzug von den desolaten Schulbauten. Populismus pur, schimpfen andere.
Die MBI, sie sieht nicht nur die Finanzen in akuter Gefahr, die ganze Demokratie droht aus ihrer Sicht zu verfallen. Keine Transparenz, keine Bürgernähe, kein Gefühl für die Bedürfnisse der Menschen, Politik nach Gutsherrenart - das sind die Vorwürfe Richtung der großen Parteien, Richtung Verwaltungsspitze.
Das Naturbad Styrum halten sie für einen weiteren großen Fehler. "Aus anderen Städten ist längst bekannt gewesen, dass dies ein teurer Spaß ist", ärgert sich Reinhard. Trotzdem sei es in Mülheim realisiert worden. Die MBI, sie hätte lieber ein preiswertes Freibad an der Stelle gesehen, vernünftig saniert. Das Geld wird aus ihrer Sicht an vielen Stellen falsch eingesetzt.
Die Altstadt-Debatte halten sie für peinlich. "Es passiert nichts." Dabei hätten doch alle Parteien für eine Belebung votiert, auch die Bürger. Den Bürgerwillen, ja den will die MBI genau kennen: Beispiel Flughafen: "Hätte längst geschlossen sein müssen."
Auf der Heimaterde beklagen sie, dass nach dem sozialen Schutz für die Mieter nun auch durch willkürliche An- und Umbauten der Denkmalcharakter der Siedlung verloren gehe.
Genauso wie Ruhrbania lehnen sie jede Art von Öffentlicher-Privater-Partnerschaft ab. Die Daseinsvorsorge sei Aufgabe der Kommune und nicht die von Großkonzernen. Wo immer sie auftreten, warnen Reinhard und seine Mitstreiter vor den PPP-Modellen, die aus ihrer Sicht die Städte schröpften ohnegleichen. Das Medienhaus sei ein aktuelles Beispiel dafür, heißt es. Unseriöse Rechnungen würden aufgemacht. In Sachen Finanzpolitik hält die MBI nichts von den Machern im Rathaus. Und noch weniger halten sie von der kommunalen Aufsicht, die nach Hötger keine mehr ist.
Was will die MBI in der zweiten Halbzeit? Auf den Schuldenabbau drängen und auf die Sanierung von Schulen, mit einem Bürgerentscheid Privatisierungen stoppen, am liebsten auch Ruhrbania doch noch. Und sie will den Klimawandel in der Stadt einleiten: weniger betonieren, mehr Luftschneisen, mehr Grün. Aber auch da winken Reinhard und Hötger ab: "Hier vor Ort fährt der Zug in eine völlig andere Richtung."
Die MBI will unbequem bleiben. Aus Überzeugung - und auch deshalb, weil die Partei schlicht nach der zweiten Halbzeit auf eine Verlängerung hofft.