„Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters” weiß ein englisches Sprichwort.
Prosaisch geprägte Gemüter würden vielleicht eher davon sprechen, dass jeder halt so seinen eigenen Geschmack hat. Wie immer es ein jeder für sich auslegen mag: Mülheims alte Gemäuer sind schön. Jedes auf seine Art, auch wenn das, was landläufig als schön gelten mag, schon lange unter Efeu, wildem Wein oder ganz profanem Müll verborgen ist. In nicht wenigen Fällen hat auch der Zahn der Zeit das Seine dazu beigetragen, daran zu erinnern, dass eben auch das Schöne vergänglich ist. Gemeinsam ist allen alten Häusern, dass sie Geschichten zu erzählen haben. Geschichten, die zu finden mitunter gar nicht so einfach ist. Spurensuche. Zum Beispiel beim Mülheimer Servicecenter Bauen. Eine erstaunlich vielseitige Einrichtung, die neben ungezählten Serviceleistungen tatsächlich auch hilfreich ist, wenn das Thema „Bauen” auf der privaten Agenda steht. Vom alten Kassensaal am Rathausturm zog das SCB – ein Angebot des Dezernates VI (Umwelt, Planen und Bauen) Ende November 2007 um ins Technische Rathaus am Hans-Böckler-Platz. Angesiedelt im „Amt für Geodatenmanagement, Vermessung und Kataster” hat (um mal langsam auf Mülheims alte Häuser zurückzukommen) Franz-Peter Markhoff als Teamleiter für den Bereich SCB (wie seine Mitstreiter) nicht nur Zugriff auf die öffentlichen Daten des Katasters – er ist auch hilfreich bei Anfragen. „Vorausgesetzt”, so Markhoff, „es besteht ein glaubhaftes Interesse, ein stichhaltiger Grund für die Nachfrage.” Das werden in der Regel nicht unbedingt die alten Häuser sein, wenngleich Markhoff die Adressen im Kopf hat, nach denen immer wieder mal gefragt wird. „Für das Haus an der Tannenstraße interessieren sich zum Beispiel immer wieder Leute, die alte Villa an der Scheffelstraße oder die ehemalige Gaststätte im Eppinghofer Bruch 106 sind auch immer wieder Gegenstand von Anfragen.” Der Anlass muss kein Kaufinteresse sein, wie gerade bei letzterem Beispiel. „Ganz schwierig”, weiß der Teamleiter. „Der Ansprechpartner sitzt irgendwo im Süddeutschen, hat wohl an einem Verkauf kein Interesse.” Eingeschlagene Fenster, die zugemauert wurden, zugemauerte Fenster, die wieder aufgebrochen wurden, der Aufenthalt von Menschen, die dort nicht sein durften . . . Die Liste der „berechtigten Interessen”, um sich mit einem Verantwortlichen in Verbindung setzen zu wollen, ist gerade in diesem Fall sehr lang. Doch obwohl das Kataster öffentlich ist (anders als das Grundbuch) kann das Markhoff-Team nicht immer helfen. „Der Eigentümer ist uns zwar in der Regel bekannt, doch muss er sich bei uns nicht ummelden.” Wenn also der Besitzer der entdeckten Traumvilla (wahlweise des steingewordenen Albtraums nebenan) „unbekannt verzogen” ist, sind auch Franz-Peter Markhoff die Hände gebunden. Immerhin kann er in vielen Fällen etwas aus der Geschichte des Hauses erzählen. Oder kennt jemanden, der die Geschichte genauer kennen müsste. Wie der Städtische Denkmalpfleger Erich Bocklenberg. Eine unverzichtbare Adresse, wenn es um Mülheims alte Gemäuer geht, denen die WAZ sich in dieser Woche widmen will.