Der Stadt gehen die Gewerbeflächen aus. Der Aufsichtsrat von Mülheim & Business zog deshalb die Reißleine und gab dem Chefwirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier Rückendeckung, die Erschließung neuer Gewerbeflächen voranzutreiben.

„Der aufziehende Wahlkampf darf kein Grund sein, dringend nötige Entscheidungen zu verschieben”, erklärte Schnitzmeier am Freitag und untermauerte seine Forderung mit Zahlen. Danach wurden in den Jahren 2006 und 2007 Gewerbeimmobilien auf Rekordniveau vermarktet. 233 000 m2 waren es allein im letzten Jahr. Das entspricht einer Steigerung um 40 %. Konsequenz: Waren 2006 noch 508 000 m2 frei verfügbar, sind es aktuell nur noch 300 000 m2, verteilt auf 20 Grundstücke. Der Aufschwung sorgte dafür, dass „wir ein X-faches an Hallen” hätten vermieten können, so Schnitzmeier – wenn es sie denn gäbe. Eine Zahl alarmiert den Wirtschaftsförderer in besonderem Maße: 77 % der Flächen, die 2007 vermarktet wurden, gingen an expandierende Mülheimer Unternehmen. „Geht das Tempo so weiter, sind in zwei Jahren Neuansiedlungen gar nicht mehr möglich”, warnt er. Einstimmig beschloss der Aufsichtsrat von Mülheim & Business deshalb, in der Politik für die Ausweisung neuer Gewerbegebiete zu sorgen. Im Regionalen Flächennutzungsplan sind sie zum Teil schon berücksichtigt, aber noch nicht gewidmet: die ehemalige Umspannungsanlage Kölner Straße/Erzweg in Selbeck; die Brachen Schlippenweg/Zeppelinstraße sowie Lilienthalstraße am Flughafen; die Trasse parallel zur Autobahn A 40 in Winkhausen. Hier sollte dereinst dem Elektronikriesen Medion ein Angebot gemacht werden, um in Mülheim bleiben zu können. Der Konzern wechselte aber nach Essen; und natürlich die 90 000 m2 Mannesmann-Grund in Styrum, auf dem insbesondere produzierendes Gewerbe angesiedelt werden soll. Ohne Erschließungsstraße, so Schnitzmeier, sei das Projekt nicht zu stemmen. Die jedoch kostet 4,4 Mio € und wird vom Land nicht vor 2012 bezuschusst. Die Entwicklungsgesellschaft SMH würde 1,5 Mio € als Geschenk beisteuern, um den Finanzierungsanteil der Stadt zu reduzieren. Das Angebot ist aber daran gekoppelt, dass die Bauhaus-Kette nebenan an der Neustadtstraße einen Baumarkt errichten darf. In seiner geplanten Größe lehnen diesen aber CDU und Einzelhandelsverband ab. Die zähe Diskussion läuft seit einem Jahr. Das dauert Schnitzmeier viel zu lang. Er will deshalb „Plan B” aus der Schublade holen und Wege suchen, wie die Stadt die Styrumer Tangente selbst vorfinanzieren kann. „Es vergehen ohnehin drei Jahre, bis sich die ersten Betriebe auf der Brache ansiedeln können”, hat er die Zeitschiene im Blick. Er will aber schon jetzt „ganz gezielt” die Vermarktung starten, um die gute Konjunktur auszunutzen. Unternehmerverbandspräsident Heinz Lison bringt derweil auch einen „Plan C” ins Spiel. „Ein anderweitiges Engagement ist nicht von der Hand zu weisen”, sagte er zur WAZ. Stadt, Wirtschaft und M & B sollten sich gemeinsam auf den Weg machen, um private Partner für die Vorfinanzierung der Straße zu suchen. Man müsse ausloten, ob Mannesmann zu einer Beteiligung bereit sei. Lison: „Es geht nicht in erster Linie um den Baumarkt, sondern um die 90 000 m2. Sie sind die einzige zusammenhängende große Fläche in Mülheim.”