Im Schloss Styrum haben sich die Aquarienfreunde Mülheim eine ganz besondere, stille Welt geschaffen. Mit Schwarmfischen, Seewasserbecken und Improvisationstalent
„Kommen Sie rein. Hier unten ist es schön warm.” An kalten Wintertagen ist das eine willkommene Einladung in eine etwas andere Keller-Welt. Eine glucksende, eine Kunstlicht-Welt. Mit stummen Bewohnern und beredten Menschen. Ralf Jakob gehört dazu – als Vorstandsmitglied der Aquarienfreunde Mülheim. Daheim hat er ein 600-Liter-Becken. Doch er gehört zu den Menschen, für die ihr Hobby erst im Verein so richtig schön wird. „Man trifft hier Gleichgesinnte. Dann möcht man natürlich auch Leuten zeigen, was wir für ein Hobby haben. Und wir wollen auch züchten”, sagt Jakob. Diese Vorlieben teilt er derzeit mit zehn Aktiven. „Es muss sich ja einer jeden Tag kümmern. Fische füttern, schauen ob alles läuft.”
Improvisation ist alles Das Tonnengewölbe des Styrumer Schlosses überspannt die Anlagen. Wahrlich kein 0-8-15-Raum. Dafür abber einer, der Improvisation verlangt. Becken und Technik passten nur mit gehöriger Tüftelei in Ecken und Nischen. Die schmalen Gänge säumen die Glasscheiben der Aquarien. Jakob sitzt im Aufenthaltsraum. Kaffeemaschine, Getränke-Kisten und Stereorekorder haben auch Platz gefunden. Eine Männerwirtschaft mit Reinigungswannen und Quarantänebecken.
„Das ist nicht unsere Welt” Ringsum rauschen die Leitungen, summen die Pumpen, arbeiten die Filter. „Die Bakterien können sich da so richtig austoben”, lacht Jakob. 24 bis 26 Grad warm ist das Wasser. Aufgeheizt wird es mit Raumluft. „Elektrisch wäre nicht zu bezahlen.” Doch auch so fallen im Jahr bis zu 5000 € Stromkosten an. Im dunklen Keller leuchten die Becken. Mit Steinen, Wurzeln und Pflanzen haben die Aquarianer Natur nachgebaut. Licht setzt die Bewohner in Szene. Auf dem Boden stehen Zuchtbecken. Teils Stecknadelgroßer Nachwuchs wächst heran. Die Kardinäle haben Eier abgesetzt. Hier sind sie sicher vor hungrigen Aquariengenossen. Gelbe Kongosalmler und Metall-Panzerwelse bevölkern ein 2000-Liter-Becken. Ein Hexenwels duckt sich ins Grün. Kaisertetras und Buntbarsche schwärmen. Die Tropen machen sich auch rundum breit. Meist süß, mal salzig. Ein Clownsfisch drückt sich in eine Anemone. Ein Einsiedlerkrebs harkt über den Grund, ein prächtiger Halbmond-Kasierfisch zieht Kreis. „Sammelsurium” ist verpönt im Verein. „Wir haben die Becken so aufgebaut”, sagt Jakob, „dass Arten aus einer Richtung zusammen sind.” Tabu sind „generell auch hochgiftige Tiere” und manche Zuchtvarianten für Zierfische, „die auf dem Markt sind”. Da wird Jakob in der stillen Aquarienwelt durchaus deutlich: „Das sind verkrüppelte Tiere, die extra so gezüchtet wurden. Wie zum Beispiel die Löwenköpfchen, Goldfische mit extremen Köpfen. Oder Glaswelse, in die Farben eingespritzt werden. Das ist nicht unsere Welt. Man sollte sich strikt weigern, solche Tiere überhaupt zu holen.” Langsam wiegt sich das Java-Moos im Wasser, Barben streichen vorbei. Jakob liebt dieses entschleunigte Leben. „Ein schönes, ruhiges Bild”, schwärmt er. „Wenn man so davor sitzt, beruhigt das ungemein. Es ist herrlich zu sehen, wie alles wächst und erlebt immer was Neues.”
Ratten für die Natter Neues entsteht auch nebenan. Allerdings sind die Aussichten dort noch trübe. In suppigem Wasser sind Erlenstämme zu erahnen. „Das 4000er Becken wird umgebaut”, erklärt Jakob. „Wir haben die Wurzeln geschält. Jetzt laugen sie aus. Das ist eine Heidenarbeit.” In einer wietern „toten Ecke” soll ein „japanischer Tümpel” geschaffen werden. Im Aufbau ist auch das Palodarium mit Wasserlauf und Feuchtgebiet. „Da kommen nur noch ein paar Kröten rein”, so Jakob. Bislang hat eine einsame Rotbauchunke die Anlage für sich. Gegenüber döst eine Bullennatter. Die 2,20 m lange Schlange ist ein Unikat im Keller. Nicht nur, weil sie „ganz schön fauchen kann”, sondern weil sie sich als Reptil nicht mit üblichem Trockenfutter oder Wasserflöhen und Larven abspeisen lässt. „Die kriegt Ratten.” Die Beckenpflege fordert die Aquarianer besonders. „Alle 14 Tage wird ein Teil des Wassers gewechselt. Etwa ein Fünftel”, sagt Jakob. „Man darf nicht vergessen: Die Tiere haben einen kräftigen Schadstoffausstoß. Die koten ordentlich.”