Nach 45 Minuten war die Fünf-Zentner-Bombe entschärft und der Verkehr konnte wieder fließen

Es ist, als hätte die Stadt kurz den Atem angehalten: Freitag Vormittag, kurz nach 11 Uhr, die Essener Straße liegt wie ausgestorben. Man hört die Vögel singen und der Wind rappelt an den Fahnenmasten vor dem Supermarkt. Sonst hört man nichts: Kein Auto, keinen Einkaufswagen. „Wir sind ab 12.30 Uhr wieder für Sie da”, hat jemand auf ein Pappschild geschrieben. Die Einsatzkräfte, die sich hier, am Lagezentrum vor dem Aldi-Parkplatz, aufgebaut haben, sind jetzt in ihren Containern und Autos verschwunden. Denn es gelten Luftschutzbestimmungen: kein Mensch sollte sich im Freien aufhalten. Und man wartet. Gegen 11.45 Uhr hört man hier deutlich einen dumpfen Knall – „das war der Zünder”, sagt ein Feuerwehrmann. Und kaum zwei Minuten später schallt ein Autolautsprecher „Entwarnung. Die Bombe ist entschärft, Entwarnung.” Der Spuk ist vorbei. Wenige Augenblicke später fließt der Verkehr wieder, als hätte es nie eine Bombe gegeben, wäre nicht ein ganzes Viertel rund um den Fundplatz am Hingberg 96 evakuiert worden. Solch eine aufwändige Evakuierungmaßnahme gab es erstmals für die Feuerwehr, die Polizei und die Hilfsorganisationen. „Es ist alles absolut reibungsfrei gelaufen”, sagt Feuerwehrchef Burkhard Klein. Ihm liegt vor allem am Herzen, den 200 ehrenamtlichen Helfern zu danken, die die 150 Berufskräfte unterstützt haben. Ehrenamtliche wie Volker Langendorf, der eigentlich am Arbeitsplatz in der Bank zu sitzen hätte, aber mit Hermann-Josef Hüßelbeck die Gesamteinsatzleitung für allein 80 DRK-Helfer hat, die seit sechs Uhr auf den Beinen sind: für die Betreuungstelle in der Rhein-Ruhr-Halle. Und vor allem für die bis zum Abend geplante Rückführung der Bewohner der beiden Alteneinrichtungen mit Johannitern, Feuerwehr, Maltesern, DLRG, THW zusammen: Es sei schon eine Besonderheit, dass Mülheim solche Lagen „mit Eigenkräften stemmen” könne, betont Langendorf, der sich an Einsätze wie den Brand am Dickswall oder die WM im Sommer 2006 erinnert. Er kennt die Gründe: Es gibt viele Ehrenamtliche in Mülheim, und „Die Chemie stimmt zwischen den Führungskräften.” „Das Zusammenspiel hat reibungslos geklappt. Es hätte nicht besser laufen können”, lobte auch Gerd-Walter Bethge, der Leiter des Ordnungsamtes. Da ist es schon Freitagnachmittag, und kein Reporter steht mehr an der Baugrube am Hingberg, um den Bomben-Entschärfer Jost Leisten zu befragen. Und die Bombe ist längst abtransportiert.