Frühlingsgefühle reichen aber nicht aus, um alte Probleme zu lösen

Die Frühlingssonne hebt die Laune, regt manche Leute zu allerlei Aktivitäten an. Viele Menschen sehnen sich jetzt richtig nach den ersten warmen Tagen. Einige empfinden auch eine Art Aufbruchsstimmung. Doch Frühlingsgefühle alleine reichen nicht aus, um ein altes Problem zu lösen, sagt die Mülheimer Diplompsychologin Brigitte Vahsen.

Frühlingsgefühle – so was gibt es doch wirklich, oder?Vahsen: Viele Menschen lechzen jetzt geradezu nach dem Frühling. Sie freuen sich auf das neue Leben, das Lebendige – und darüber, dass die dunkle Jahreszeit jetzt endlich mal vorbei ist.

Merkt man jetzt eine Besserung bei Menschen mit einer Winterdepression?Vahsen: Das ist zwiespältig. Bei manchen wird es wirklich besser, wenn es wieder heller wird. Aber bei anderen wirkt es sich nicht nur positiv aus. Mit dem Frühjahr kommen oft verstärkt die Emotionen – und das verstärkt manchmal eben auch die Ängste. Viele Menschen sind jetzt wirklich besser gestimmt – aber es kann auch zur anderen Seite schwingen.

Ist jetzt die Zeit für einen Neuanfang? Das große Aufräumen? Werden im Frühjahr mehr Dinge in die Tat umgesetzt, die man immer schon mal angehen wollte?Vahsen: (lacht) Manche Frauen finden vielleicht ihren Frühjahrsputz befriedigend: Sie haben dann ja auch wirklich etwas körperlich sehr Anstrengendes geleistet – und man sieht es auch noch! Männer wienern vielleicht eher ihr Auto oder ihr Motorrad. Aber manche machen sich da auch etwas vor: Wenn ich wirklich etwas verändern will, kann ich das auch im Januar.

Wenn ich Stress und Kummer in der dunklen Jahreszeit hatte . . .Vahsen: . . . nehme ich das auch mit ins neue Frühjahr. Frühlingsgefühle alleine reichen nicht aus, um ein Problem zu lösen.

Aber die Leute sind doch lockerer und froher, wenn die Sonne scheint!Vahsen: Zweifellos. Die Menschen freuen sich darüber, dass sie mal wieder draußen sitzen können. Das ist ja auch ein neues, positiveres Lebensgefühl. Dass sich das aber automatisch auch auf der Tatenseite niederschlägt, glaube ich nicht. Aber die Menschen erleben ihren Alltag generell als positiver, wenn sie sich mehr an der frischen Luft aufhalten können. Das Leben wird im Frühjahr einfach als leichter erlebt.

Man merkt das auch, wenn der erste warme Tag kommt: Die Leute sind dann viel besser gestimmt.Vahsen: Ja. Und wenn man lächelt, bekommt man das auch viel eher zurück.

Wie kann man denn positive Gefühle wecken oder verstärken? Haben Sie einen Tipp?Vahsen: Ich rate Patienten häufig: Machen Sie sich jeden Abend eine kleine Liste von den Dingen, die Ihnen heute ganz besonders gut getan haben. Da kann man dann auch später mal zurückblättern, wenn man mal einen nicht so guten Tag erwischt hat. Und man sollte sich schon morgens vornehmen: Was gönne ich mir heute? Wo trinke ich mal schön einen Kaffee? Rufe ich eine Freundin an? Um positive Gefühle im Frühjahr zu unterstützen, sollte man täglich eine kleine gute Tat für sich selbst tun.