„Wie lange kassieren die Städte noch bei uns Autofahrern ab?” Georg Kusel stellte diese Frage, die die Stadt Mülheim nicht auf sich bezieht.

Ihr Sprecher Volker Wiebels, der die Vokabel „Abzocke” in dem Zusammenhang erst gar nicht formulieren will, räumt ein, dass bei jedem Knöllchen, und sei es noch so klein, erst einmal die Emotionen hochkochen.

Jeder hat dann „nur mal ganz kurz da geparkt”, „nur minimal die Geschwindigkeit überschritten, „die Parkscheibe zum ersten Mal vergessen”. . . Hand auf's Herz: Wer hätte diese „Gründe” nicht auch schon entrüstet ins Feld geführt, wenn es ihn vermeintlich völlig zu Unrecht getroffen hat? Wobei die Stadt betont: Zu Unrecht trifft es niemanden, denn Verwarngelder werden immer nur dann verhängt, wenn es etwas zu verwarnen gibt. Dabei achten die Mitarbeiter des zentralen Außendienstes vornehmlich auf „neuraligische Punkte”.

Das ließ im letzten Jahr 371 000 Euro in die chronisch klamme Stadtkasse tröpfeln. „Gegenwert” für 38 656 geschriebene Verwarnungen, die im Schnitt unter zehn Euro lagen. Abzocke, ist Volker Wiebels sicher, sieht anders aus. Zumal die Stadt darauf verzichtet, Politessen einzusetzen, die sich in anderen Städten „selbst finanzieren”. „Mülheim setzt darauf, dass erzieherische Maßnahmen wie Tempo-30-Zonen auf Dauer Wirkung zeigen.”

Dass die Mitarbeiter des Ordnungsamtes trotzdem kontrollieren, hat mit den bereits erwähnten neuralgischen Punkten zu tun. „Die zugeparkte Feuerwehrzufahrt geht nun mal nicht”, so Wiebels, der daran erinnert, dass man sich an Ver- und Gebote zu halten habe. Was „geblitzte” Autofahrer der Stadt jedoch gerne „in die Schuhe” schieben, das sind die Ergebnisse, die die Polizei bei ihren Kontrollen erzielt.

„Die Autobahnpolizei”, klärt Wiebels auf, „kontrolliert, dort wo die Autobahn über Stadtgebiet führt. An zwei Stellen geht es um die Geschwindigkeit, an einer weiteren um Abstandskontrollen.” Auffällige Fahrer werden der Stadt gemeldet, die dann das Bußgeldverfahren einleitet. Im letzten Jahr kamen 1,136 Millionen Euro zusammen, die auch bei der Stadt geblieben sind. Wiebels: „Die hatte ja auch die Arbeit mit dem Bußgeldbescheid.” Auf Häufigkeit und Dauer der Kontrollen hat die Stadt übrigens keinen Einfluss.

Wo die Polizei jenseits der Autobahnen im Stadtgebiet Verkehrssünder zur Rechenschaft zieht, fließt das Geld in die Landeskasse, vorausgesetzt, die ertappten Schnellfahrer oder Falschparker zahlen bar. Lassen sie es auf einen schriftlichen Vorgang ankommen, schaltet die Polizei in Ermangelung einer eigenen Bußgeldstelle wieder die Stadt ein, die dann auch wieder das Bußgeld kassiert.

Abkassieren, ist Wiebels sicher, können Mülheims Autofahrer der Stadt kaum vorwerfen. Wenn sich auch bei nächtlichen Schnellfahrern auf der Weseler Straße das Gefühl schon mal einstellt. „Wer kontrolliert da nachts die Geschwindigkeit?” wundert sich ein Betroffener. Die Polizei. Und die nimmt für sich in Anspruch, dass sie dort dann nur die erwischt, die schneller sind, als sie erlaubt. . .