Olivia Lindisch (31) aus Saarn hat sich mit einem Heimwerkerservice für weibliche Kundschaft selbstständig gemacht. Es läuft gut an: Frauen scheinen auf solch eine Dienstleistung gewartet zu haben.
Montag, kurz vor 16 Uhr: Bei einer Dame ist die Garderobe von der Wand gefallen, bei Olivia Lindisch schellt das Telefon: Die Hilfe der 31-Jährigen ist gefragt. Sie hat sich vor gut fünf Monaten mit einem Heimwerkerservice selbstständig gemacht. Nicht nur das: Mit ihrer Dienstleistung „Fraugemacht” spricht die Saarnerin speziell weibliche Kundschaft an – und die scheint auf ein solches Angebot gewartet zu haben. Olivia Lindisch hat gut zu tun.
Erst Industriemechanikerin bei der Deutschen Bahn in Chemnitz, dann von der Liebe in den Westen gelockt, sieben Jahre Vorstandsassistenz bei der Wapme Systems AG, das zweite Kind und die Elternzeit, die Insolvenz des Arbeitgebers, der Wunsch, wieder beruflich Fuß zu fassen. Erst versuchte Olivia Lindisch, den Weg zurück in eine Vorstandsetage zu finden. Nach einem halben Jahr der Suche und der Erkenntnis, dass der oftmals 60 Wochenstunden beanspruchende Job als Chef-Assistentin kaum vereinbar sein würde mit dem Familienleben, wuchs die Idee der Selbstständigkeit mit einem Heimwerkerservice. Olivia Lindisch fand in die erste Gründerinnenwerkstatt der Wirtschaftsförderungsgesellschaft „Mülheim & Businnes”, feilte an ihren Plänen, fand Wege, den beruflichen Wiedereinstieg mit der Familie zu vereinbaren – und fand eine Zielgruppe, die sie ansprechen wollte, die ihrer Existenzgründung das gewisse Alleinstellungsmerkmal geben sollte: Frauen.
5000 Handzettel verteilt
5000 Handzettel hat die 31-Jährige verteilt, hat sie in Saarn in Postkästen gesteckt, sie dort ausgelegt, wo sie ihre potenziellen Kunden vermutete: in Restaurants, Schuhgeschäften, Frisörsalons, Kosmetikstudios, bei (Kinder-)Ärzten. „Fraugemacht” bietet für einen Stundensatz von 30 Euro handwerkliche Unterstützung an: vom Glühbirnenwechsel über die Montage von Möbeln bis hin zu Kleinreparaturen.
Der erste Auftrag: Bei einer älteren Dame klemmte die Kellertür. Die verteilten Handzettel ließen weitere Aufträge folgen. Mittlerweile, sagt Lindisch, tut die Mund-zu-Mund-Propaganda der ersten Kundinnen ihr Übriges dazu, dass sie heute, da ihre 40-Stunden-Arbeitswoche „zu vielleicht 70 %” ausgelastet ist, sagt: „Ich bin zufrieden. Wenn es sich weiter so entwickelt, kann ich Mitte nächsten Jahres gut davon leben.” Zunächst waren es nur Seniorinnen, mittlerweile ist Lindisch bei Frauen ab 30 im Geschäft, auch von Hausverwaltungen und Praxen wird sie beauftragt.
Kooperationen mit weiblichen Fachkräften
Um das Angebot an Heimwerker-Dienstleistungen unter dem Namen „Fraugemacht” zu erweitern, arbeitet Lindisch seit Oktober mit einer Malerin zusammen, weiter sucht sie eine Kooperation mit einer Firma im Heizungs- und Sanitärhandwerk. Die Suche gestaltet sich schwierig, denn eines ist klar: Es soll eine weibliche Fachkraft sein.
Das ist nun mal das Erfolgsrezept: Heimwerkerleistungen von Frau für Frau. Olivia Lindisch macht die Erfahrung, dass sie als weibliche Fachkraft im Frauen-Haushalt äußerst willkommen ist. „Die Frauen trauen sich da viel eher, mal nachzufragen als bei einem vielleicht sogar wortkargen Handwerker. Wer fragt schon seinen Handwerker, der gerade den Siphon reinigt, ob er auch mal eben im Schlafzimmer . . .? Ich bekomme da einen Vertrauensbonus.”
www.fraugemacht.de; 46 93 193