Jetzt ist amtlich, was unlängst diskutiert wurde – nicht nur innerhalb der Polizei, sondern auch bei den Bürgern vor Ort. Die Polizeiführung hat sich entschlossen, den Wach- und Wechseldienst in Mülheim umzustrukturieren.

Ab Januar 2010 werden sich vor allem die betroffenen Polizeibeamten an neue Arbeitsabläufe gewöhnen müssen: Während die Polizeiwache Mülheim (Von-Bock-Straße) alle Einsätze (die etwa über 110 kommen) im Stadtgebiet übernehmen wird, soll die Wache Speldorf an der Ulmenallee vor allem unterstützende Arbeit leisten.

So sollen von Speldorf aus etwa Sondereinsätze bei Fußballspielen, der Kirmes oder Veranstaltungen am Rhein-Ruhr-Zentrum besetzt werden. Auch Schwerpunktaktionen im gesamten Stadtgebiet wie etwa bei Geschwindigkeitsmessungen oder wenn besondere Polizeipräsenz nötig wird, werden künftig von Speldorf aus besetzt, während der „normale” Wach- und Wechseldienst sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren kann.

Die 148 Polizisten, die in Mülheim Dienst tun, sollen nach der neuen Wachdienststruktur, so die Absicht, effektiver eingesetzt werden: Wer nicht auf der Wache Speldorf eingesetzt ist, kann etwa den Streifendienst verstärken.

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© WAZ

Für ihre künftigen Aufgaben ist die Polizeiwache Ulmenallee (auch für den Publikumsverkehr) ab 1. Januar nur noch in zwei Schichten montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr besetzt (samstags 10 bis 18 Uhr). Unter der Woche allerdings nachts nicht mehr. In den Freitag- und Samstagnächten (und vor Feiertagen) soll der Nachtdienst aber auch von Speldorf aus mit zwei Streifenwagen gefahren werden. Zwischen 12 und 22 Uhr, so die Polizeistatistik, gibt es die meisten Einsätze; in Wochenendnächten ist mehr los als unter der Woche. Im Schnitt kommen die eingesetzten Beamten auf 2,8 bis 4 Einsätze pro Stunde, damit ist Mülheim aus Polizeisicht eine sichere Stadt. Für Essens Stadtmitte dürfte etwa die doppelte Zahl anfallen.

Die neuen Pläne werden nicht überall auf Zustimmung stoßen. Hans A. Wunder, Vorsitzender der Broicher Interessengemeinschaft (BIG) bleibt skeptisch. Er befürchtet: „Wenn es in der Broicher Mitte mal wieder zur Sache gehen sollte, dauert es zu lange, bis ein Streifenwagen hier ist.” Die nächtliche Besetzung der Wache Speldorf sieht er eben auch als „Präventivmaßnahme” an: „Damit zeigt die Polizei: Wir sind ganz schnell bei euch.” Das gelte für die Bürger – aber eben auch für die, die sich nicht an Regeln hielten.

Besondere Streifenfahrten in Krisenzeiten, so formuliert Hans A. Wunder eine weitere Befürchtung der BIG, würden nicht mehr erfolgen. Aber gerade solche Aufgaben wie solche „Präsenzstreifen”, erklärte die Polizeiführung gestern im ehemaligen Polizeipräsidum, sollen von Speldorf aus erfolgen. Ein 24-Stunden-Wachdienst, wie bisher in Speldorf, binde neun Personen im Gebäude, rechnete der Leitende Polizeidirektor Fritz Unterberg aus. „Diese neun kann man nun zusätzlich für den Streifendienst nutzen.”

In sechs Minuten vor Ort

Immer noch muss die Polizei erklären, dass Einsätze in Mülheim nicht stets von Essen, bzw. künftig alle Einsätze links der Ruhr von der Von-Bock-Straße gefahren werden. Der Notruf 110 läuft zentral über die Essener Einsatzleitstelle „und den Einsatz kriegt der Wagen, der am nächsten dran ist”, so ein Sprecher. Dass Verstärkung aus Essen anfährt, ist nicht ungewöhnlich: „Das muss ja nicht mehr städteübergreifend geregelt werden.” Im Schnitt, so Unterberg, sei die Polizei in sechs Minuten am Einsatzort. „Aber nicht, wenn nur eine Garage zugeparkt ist”, macht Fischer-Weinsziehr klar, dass auch die Polizei Prioritäten setzen muss.

Weniger Nachtdienste

Insgesamt sollen ab Januar 41 Polizistinnen und Polizisten in Speldorf Dienst tun, zuvor waren es (im Wach- und Wechseldienst) 25. Das Personal in der Wache an der Von-Bock-Straße bleibt mit 66 Kräften fast unverändert.

Das Konzept der polizeiinternen Arbeitsgruppe wurde gestern von Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr persönlich Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld und den Mülheimer Polizisten vorgestellt. Die OB stellte erfreut fest, dass die Neuorganisation keine Personalreduzierung, sondern eine Optimierung der Polizeipräsenz bedeute, so ein Stadtsprecher. In einer zweistündigen Veranstaltung besprach die Polizeiführung gestern in einer Mitarbeiterversammlung die neuen Pläne. Versetzungen sollen auf freiwilliger Basis erfolgen. Was manchen Beamten an der neuen Aufgabe reizen könnte: Der Arbeitstag wird planbarer. Und viele, vor allem ältere Kollegen, könnten bei der Anzahl ihrer Nachtdienste deutlich entlastet werden.