Rund 30 Freiwillige trafen sich zu einem „Aufräumtag" an der Jugendstilhalle
Ein bisschen Schnee kann sie nicht aufhalten. „Wenn wir sagen, wir fangen an, dann fangen wir auch an." Und nun stehen sie auf schlammigen Boden oder hoch oben auf dem Dach, arbeiten dick eingepackt mit schwerem Gerät, Dreckspritzer im Gesicht, lehmige Schuhe, verirrte Efeu-Ranken auf der Mütze und machen den Anfang. Nachdem Freitag vom Parkplatz der Camera Obscura aus eine Zufahrt geteert wurde, trafen sich Samstag rund 30 Freiwillige zu einem „Aufräumtag" an der Jugendstilhalle, die zum Haus der Vereine werden soll.
Die Befehle werden von unten gebrüllt. „Hoch. Hoch. Höher! Drehen! Drehen!" Und Nick Obermann zieht am Hebel, um die hochgestreckte Baggerschaufel gen Hallendach zu drehen. Dort liegt ein anderer Helfer, greift sich das an der Schaufel befestigte Band und knotet das andere Ende ans Efeu, das sich die Außenwand empor rankt. „Drehen!" Wieder zieht Nick den Hebel. Der Baggerarm rotiert nach links, weiter und weiter, und reißt das Grün mit lautem Rascheln und Knacken mit und ab. Nick schaut zufrieden. Seine Nase ist von der Kälte gerötet, aber auch ihn kann die nicht stoppen. Für ihn ist es selbstverständlich, dass er mithilft. „Ich bin Mitglied im Verein, wie mein Opa. Und, das macht ja auch Spaß hier." Überhaupt: „Das ist mein Bagger", erklärt er und fügt mit hörbarem Besitzerstolz hinzu: „Ein Elite A01." Der Neunjährige hat sein eigenes schweres Arbeitsgerät dabei.
Gemeinsames Ziel
Aus einer maroden ehemaligen Dreherei, derzeit nicht viel mehr als eine bessere Ruine, soll ein einzigartiges Projekt werden: das Haus der Vereine. Ein Trägerverein will das Denkmal sichern und mit neuem Leben füllen. Unter seinem Dach haben sich verschiedene Akteure zusammengefunden. In dieser Woche wird die WAZ Pläne und Ideen, einige Vereine und natürlich die Menschen vorstellen, die gemeinsam daran arbeiten, das große Ziel in einigen Jahren zu erreichen.
Rund um die Jugendstilhalle werkeln Menschen, alte, junge. Kettensägen werden angeschmissen, Besen geschwungen, Mauerwerk von Grün befreit. In der Halle selbst stehen Martin Menke, Heinz Obermann und Klaus Conrads – und damit Vertreter des Mülheimer Geflügelzüchtervereins 1869/1895, der Oldtimer-Freunde Mülheim und der Eisenbahnfreunde. Gerade wurde zum ersten Mal das große Tor geöffnet – und vereinsübergreifend für nicht mehr tragbar befunden. Gemeinsam überlegen sie nun, was sie da tun können. Denn, sagt Martin Menke als Vorsitzender des Trägervereins, dem die fünf initiierenden Vereine angehören: „Wir machen hier nichts provisorisch, sondern alles gleich richtig." Und man macht gemeinsame Sache: „Ein Projekt für Mülheim und nicht nur für ein paar Vereine", nennt er die Halle, betont, dass man selbst für die Finanzierung sorgt, Sponsoren sucht und eben deshalb auch selbst Hand anlegt. „Es ist ein Gemeinschaftsprojekt."
Viele Pläne und Ideen haben alle, doch ein Blick ins Rund beweist: Bis die Realität werden, dauert es noch. Zerschlagene Fensterscheiben und klaffende Löcher im Dach, mitgenommene Holzbalken bestimmen das Bild im Inneren der Halle. Auch draußen sieht es nach Arbeit aus. Auf den ersten und noch mehr auf den zweiten Blick, wie Hans-Peter Radatz von den Vogelfreunden festgestellt hat. Seit zwei Stunden reist er wild wachsendes Grün ab: „Ich wusste, dass die Halle verfallen ist. Aber, dass es so viel Arbeit ist, hätte ich nicht gedacht." Richtig ins Mauerwerk eingewachsen sei das Efeu, da muss man heftig ziehen. „Aber es muss runter, damit wir es neu verputzen können." Das ist der nächste Schritt – aber folgt wohl erst, wenn es wieder wärmer wird. Doch: „Irgendwo muss man ja anfangen."