Jeder Arzt, der Dienst in der Notfallpraxis tut, ist dazu verpflichtet, sich soweit weiterzubilden, dass er im Notfall jeden versorgen kann
Die kassenärztliche Notfallpraxis am St. Marien-Hospital ist für alle Mülheimer zuständig. Wie mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) vereinbart, müssen die Notdienst habenden Ärztinnen und Ärzte dort alle Menschen von „0 bis 99” Jahren behandeln. Soweit die Theorie. Die Praxis sieht offenbar manchmal ganz anders aus. So schilderte eine Mutter der WAZ, dass sie mit ihrem kranken Sohn über die Feiertage dort zweimal am Telefon abgewiesen worden sei.
Mutter wurde abgewiesen
Kinder von einem Jahr würden hier nicht behandelt, habe man ihr am Telefon mitgeteilt. Und falls sie doch vorbei käme, würde man sie wieder wegschicken. Dann, so die Mülheimerin, hätte man ihr noch den Tipp gegeben, sich nach Oberhausen in die Kinderklinik zu begeben.
Dr. Dorothea Stimpel, die KV-Vorsitzende in Mülheim, betont: „Jeder Arzt, der Dienst in der Notfallpraxis tut, ist dazu verpflichtet, sich soweit weiterzubilden, dass er im Notfall jeden versorgen kann. Auch Kinder.” Als Mutter sei man natürlich immer froh, wenn ein Kinderarzt das Kind untersuche, räumt Stimpel ein. Daher machten die zehn niedergelassenen Kinderärzte in den acht Kinderarztpraxen Mülheims auch reihum ihre zusätzlichen eigenen Notdienste extra für Kinder – außerhalb der Notfallpraxis, wo sie zudem arbeiten.
Wenn jemand aber mit einem kleinen Kind nicht bis zum Beginn der kinderärztlichen Notdienstsprechstunde warten will, der am Mittwoch-, Samstag- und Sonntagnachmittag erst um 17 Uhr beginnt, so sei durchaus die Notfallpraxis zuständig, betont Dr. Stimpel: „Der Arzt in der Notdienst-Praxis muss sich das Kind ansehen und abschätzen, was los ist.” Dann erst könne man entscheiden, ob das Kind eventuell doch sicherheitshalber noch in der Kinderklink in Oberhausen oder Essen vorgestellt werden müsse. „So ist es vorgesehen.” Das abzulehnen, sei nicht korrekt, betont sie.
Andere Medikamente und Dosierungen
Der KV-Vorsitzenden ist bekannt, dass es Kollegen im Notdienst gibt, die „aus Unsicherheit” nicht so gerne ganz kleine Kinder untersuchen würden und es lieber ablehnten. Dr. Stimpel räumt ein, dass Kinder zwischen dem Babyalter und zwei Jahren auch ein „schwieriges Klientel” seien, die etwa ganz andere Medikamente und Dosierungen benötigten. „Aber ansehen muss man sich das kranke Kind immer,” sagt sie. „Ich werde in meiner Funktion als KV-Vorsitzende die Kollegen darauf hinweisen, dass sie dazu verpflichtet sind, sich die Kinder anzusehen.” Wer sich nicht sicher sei, könne die Eltern dann immer noch an eine Kinderklinik verweisen.