Mülheim. . Ehemalige Schüler des Ziegler-Gymnasiums erinnern sich, dass mit der 2700 Jahre alten Mülheim-Mumie nicht immer pietätvoll umgegangen worden ist.

  • Im Sarkophag der Mülheim-Mumie fand der Restaurator nicht nur Zigarrenstummel
  • Ehemalige Schüler erinnern sich, dass die 2700 Jahre alte Mumie nicht immer geschützt war
  • Immer wieder einmal ist der Sarkophag wohl geöffnet worden, als er in Mülheim stand

Augenscheinlich wenig geschützt lagerte die altägyptische Mumie, die aktuell im Zentrum der Ausstellung „Tod und Ewigkeit“ im Archäologischen Museum der Uni Münster steht, in der Biologie-Ausstellung des Mülheimer Karl-Ziegler-Gymnasiums – jedenfalls war sie in erbärmlichem, äußerst restaurierungswürdigem Zustand, als sie 1978 von der Stadt Mülheim als Dauerleihgabe ans Museum weitergegeben wurde.

Der Kopf war abgetrennt, im Sarkophag fand sich laut Dr. H.-Helge Nieswandt, dem Kustos des Museums, ein Zigarrenstummel, der laut Ausstellungsband offenbar mit Zigarrenspitze ganz knapp heruntergeraucht war. Auch lagen im Sarg der Oberarmknochen eines Suppenhuhns, die Kruste einer Brotscheibe, Kerne von Pflaumen und Granatäpfeln sowie der Stiel einer Kirsche. . .

Ungewöhnliche Fundstücke werden im Museum in Extra-Vitrine gezeigt

Diese Fundstücke, die sicher erst später in den Sarkophag gelangten, sind heute in einer Extravitrine zur Münsteraner Mumienschau ausgestellt. „Wegen der Zigarrenspitze, die erst im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ihre Saison hatte“, schreibt Restaurator Jens Klocke, „gerät statt der Schüler wohl eher das Lehrerkollegium der höheren Lehranstalt in Verdacht, hier sein Rauch- und Speiseopfer dargebracht oder auch nur seinen Schabernack getrieben zu haben.“

Ehemalige Schüler schildern nun tatsächlich, dass der Schutz der Mumie in der Schule, der pietätvolle Umgang mit ihr nicht immer gewährleistet war. So erinnert sich Karlheinz Noy, dass die Mumie in einem Schrank mit Glastüren aufbewahrt worden sei. Schüler hätten sich durchaus Zugang verschaffen können. Der Deckel des Sarkophags habe sich „von Hand öffnen lassen“.

Ehemaliger Schüler erinnert sich: Der Kopf lag lose neben der Mumie

Biologie-Lehrer Dr. Werner Lehfeldt habe die Mumie ihm und seinen Mitschülern 1949 während des Unterrichts auch mal gezeigt, erinnert sich ein Leser aus Menden. Auch ist sie seiner Erinnerung nach anlässlich der Feier zum Schuljubiläum 1952 präsentiert worden.

Willi Richard kann berichten, dass der Sarkophag auch schon in den späten 1940er-Jahren während einer naturwissenschaftlichen Ausstellung gezeigt worden ist. „Die Schüler meiner Klasse waren zur Aufsicht eingeteilt“, schreibt Richard, Lehrer Dr. Burkhardt habe die strikte Anweisung gegeben, den Sarg nicht zu öffnen. „Während unserer Aufsicht kam ein Klassenkamerad hinzu und öffnete den schrägstehenden Sarg einen Spalt. Der Kopf der Mumie geriet ins Rutschen. Wir waren sehr erschrocken.“

Biolehrer zeigte Schülern die Mumie – als Belohnung

Gerd Oeckinghaus (78) erzählt, dass er und Mitschüler die Mumie Ende der 1940er-, Anfang der 1950er-Jahre einmal als Belohnung vom Biolehrer Rühlmann gezeigt bekamen. „Er hat den Sarg aufgemacht, der Kopf lag lose neben der Mumie. Unser Lehrer hat ihn herausgenommen und uns an der Rückseite des Schädels ganz kleine, gefärbte Haare gezeigt.“

Hermann Mühlenbeck aus Heißen gibt die Erinnerung von vier Ehemaligen der Schule wieder: „Es hieß, der Sarg darf nicht geöffnet werden, sonst zerfällt die Mumie. Dennoch sollen mal Schüler der Mumie ein Messer beigelegt haben. Das müsste etwa Ende 1946, Frühjahr 1947 geschehen sein.“

Michael Brach erzählt, dass er mit seiner Klasse noch in den 1970er-Jahren von seinem Geschichtslehrer in den Bio-Trakt geführt worden sei, um dort die Mumie zu besichtigen. „Es hieß, sie wurde dort beim Aufräumen entdeckt, was ich damals etwas eigenartig fand“, so Brach.