„Wir retten nicht die Welt. Aber wir konstruieren die Werkzeuge, mit denen Andere die Welt retten können.“ Robert Schlögl hat eine klare Vorstellung von der Aufgabe, die ein Wissenschaftler zu leisten hat. Der Professor für Anorganische Chemie war vor fünf Jahren der Gründungsdirektor des neuen Max-Planck-Instituts für Chemische Energiekonversion. Hier stand von Anfang an eine Idee Pate: Die Energiewende mitgestalten. Die Wissenschaftler arbeiten hier an einem Werkzeug, das, wenn es denn tatsächlich konstruiert werden würde, nobelpreisverdächtig wäre: Die Photosynthese, jener hochkomplexe Vorgang, mit dem in der Natur Energie gespeichert wird, soll nachgeahmt werden. Doch das ist nicht so einfach. Es geht daher darum, genau die einzelnen Reaktionen zu verstehen, die zu der Photosynthese führen.

Dafür braucht es aber eines bestimmten Wissenschaftler-Typus’. In seiner eigenen Spezial-Disziplin fest verankert, gleichzeitig aber auch in der Lage, die Entwicklungen in den Nachbarfächern zu beobachten und mit den eigenen Erkenntnissen zusammenzuführen. Dieses Profil passt zum Geist der Max-Planck-Gesellschaft, wie Schlögls Kollege im Direktorium des Instituts, Professor Frank Neese, betont: „Ein guter Wissenschaftler ist eine Mischung aus einem Athleten und einem Künstler.“ Junge Forscher, die Karriere machen wollen, orientierten sich vor allem an den Athleten-Tugenden: Sie müssen schneller sein als die Anderen. Das gilt für die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse genauso wie für die Einwerbung von Drittmitteln. „In der Max-Planck-Gesellschaft sind wir von solchem Druck befreit. Wir haben Freiraum für Kreativität.“ Aus dieser Freiheit erwachse aber auch Verantwortung. Deswegen gibt es den Ernst-Haage-Preis. Er soll junge Forscher dazu motivieren, eine interdisziplinäre Perspektive und kreative Ansätze zu entwickeln.

So eine Wissenschaftlerpersönlichkeit ist Cyriac Massué. Er bekommt den Doktoranden-Preis. Sozusagen als Dankeschön für den Preis, trägt er vor der Festversammlung im Rittersaal im Schloß Broich seine Ergebnisse vor. Massué, der an einem wichtigen Projekt zur chemischen Energiespeicherung erneuerbarer Energien des Fritz-Haber-Instituts der Planck-Gesellschaft in Berlin gearbeitet hat, ist nervös. Es ist sein erster wissenschaftlicher Vortrag in Deutsch.

Der gebürtige Elsässer spricht zwar perfekt Deutsch, doch zu wissenschaftlichen Themen hat er doch bisher in Englisch referiert, der Standard-Sprache an seinem Institut. Aber natürlich meistert er diese Voraussetzung. Schon in seiner Laudatio hatte Robert Schlögl, der auch dem Haber-Institut vorsteht, die vermittelnden Fähigkeiten des 29-Jährigen hervorgehoben: Massué sehe in seiner Verbundenheit zum deutschen wie zum französischen Kulturraum eine wichtige Verpflichtung, auch in seiner Arbeit als Wissenschaftler die Zusammenarbeit beider Länder zu fördern. Aber auch als Interessenvertreter der Doktoranden an seinem Institut gegenüber den Professoren habe er solche Brückenbauer-Qualitäten bewiesen, wie Schlögl in seiner launigen Laudatio betont.

Und diese Eigenschaften sind eben auch in der Wissenschaft gefragt: Um die Preisverleihung herum fand auf Schloß Broich ein international besetztes Symposium statt. Dort trugen Forscher aus den Niederlanden, Deutschland, Schweden und China vor. Und natürlich war auch Aliaksandr Bandarenka mit dabei. Der Professor für Physik der Energieumwandlung und-speicherung an der TU München ist der andere Haage-Preisträger. Er forscht an der Entwicklung neuer Speicherinstrumente. Dass Chemiker gut darin sind, Synthesen zu produzieren, scheint klar zu sein. In Wirklichkeit sind solche Orte selten, an denen es für Experten aus verschiedenen Disziplinen möglich ist, in kleinem Kreis zusammenzukommen, sich auszutauschen und die Erkenntnisse zusammenzuführen. Die Bilanz von Institutsdirektor Frank Neese: „Das ist bei uns möglich. So wird Mülheim als Wissenschaftsstandort noch attraktiver und sichtbarer.“