Unternehmer ist nicht gerade ein Traumberuf. Zumindest, wenn man den Demoskopen glaubt: In keinem anderen EU-Land strebten so wenige junge Leute in die Selbstständigkeit wie in Deutschland, hat eine Umfrage aus dem Jahr 2014 festgestellt. Die Mülheimer Wirtschaftsjunioren arbeiten daran, dass sich dies ändert. Sie sind ein Verband von jungen Leuten, die in der Wirtschaft Verantwortung tragen als Unternehmer oder als Führungskraft. Man trifft sich, man tauscht sich aus. Networking eben, aber mit besonderem Akzent.

„Wir sind kein Visitenkartenclub“, betont Marc Balke, Geschäftsführer der Wirtschaftsjunioren in der MEO-Region. Präpotentente Kerle, die zusammenhocken und gemeinsam Zigarre rauchen, so dürfe man sich die Zusammenkünfte nicht vorstellen. „Es gibt ja leider noch solche Klischeebilder“, weiß Balke, der hauptberuflich einer der stellvertretenden Geschäftsführer der IHK ist. In Wirklichkeit gebe es eine große Vielfalt an Typen, Branchen, natürlich auch an Geschäftskonzepten. Bei den Wirtschaftsjunioren gibt es den Selbstständigen im Ein-Mann-Büro genauso wie den Manager von Thyssen-Krupp.

Interessant: Es existiert keine Altersgrenze nach unten. „Die meisten unserer Mitglieder sind zwar um die 30. Es gibt aber eben auch viele Jüngere. Einige Zeit waren bei uns zwei jetzt 21-Jährige aktiv, die allerdings mittlerweile mit ihrem Start Up nach Düsseldorf umgezogen sind“, erzählt Balke. Solche Beispiele gebe es immer wieder. Das Höchstalter liegt bei 40, aber auch danach bleiben die Mitglieder in der Regel dem Verband verbunden. Beispiel: Der ehemaliger Chef der Sparkasse Essen, Hans Martz. „Das sind natürlich gerade für die Jungen interessante Gesprächspartner .“

Ein Beispiel, wie das Engagement dort das unternehmerische Denken prägt, ist Björn Fuchs. Der 34-Jährige war einige Zeit der Vorsitzende der Wirtschaftsjunioren vor Ort. Er hat bereits als Schüler seine erste Geschäftsidee verwirklicht, damals gründete er zusammen mit seinem Bruder ein Online-Magazin für Jugendliche. „Wenn ich eine Idee habe, dann will ich sie auch umsetzen. Deswegen bin ich gerne selbst dafür verantwortlich.“ Fuchs, der Pädagogik studiert hat, arbeitete zwischendurch auch immer wieder als Angestellter. Unternehmer zu sein, zeichnet sich für ihn durch eine Haltung aus: „Unternehmer wird man, indem man etwas unternimmt.“ Klingt banal, als Angestellter kann man dieser Devise aber nicht unbedingt genauso folgen, wie wenn man sein eigener Chef ist. Und so hat Fuchs’ Weg wieder in die Selbstständigkeit geführt.

Seit einigen Wochen betreibt er ein Geschäft, wo der Kunde alles rund um die E-Zigarette bekommt: den „e Smoker Shop“ auf der Aktienstraße. Bevor er diese Idee umgesetzt hat, hat es Fuchs geholfen, mit anderen Wirtschaftsjunioren das Konzept zu diskutieren. Auch wenn die in ganz unterschiedlichen Branchen aktiv sind. „Es geht letztlich immer darum, Probleme zu lösen: Wie kann der Service für die Kunden noch besser werden? Wie die Effektivität erhöht werden? Es regt die Kreativität an, zu sehen, wie andere diese Fragen beantworten“, ist Fuchs überzeugt. Er schätzt die regelmäßigen Betriebsbesichtigungen, bei denen die Mitglieder ihre Unternehmen vorstellen.

„Wer bei uns mitmacht, der muss auch bereit sein, Zeit zu investieren und sich engagieren“, erzählt er weiter. Zum Beispiel beim Bewerbungstraining, das die Wirtschaftsjunioren zurzeit in Essen für Flüchtlinge anbieten. Oder sie gehen auch in die Schulen, um von ihrem Berufsalltag zu berichten und die Schüler so für wirtschaftliche Fragen zu begeistern. „Welcher Jugendliche führt schon ein Haushaltsbuch“, fragt Björn Fuchs. „Aber damit fängt es an.“ Fuchs findet es wichtig, dass Jugendliche ein Gefühl dafür bekommen, was es heißt, unternehmerisch zu handeln.

„Ich fände ein Schulfach ,Wirtschaft’ nicht schlecht“, sagt er. Bei Schul-Vorträgen hat er gute Erfahrungen gemacht: „Selbst Klassen, die sonst als ziemlich lebhaft gelten, wurden bei diesem Thema plötzlich ruhig und haben interessiert zugehört. Selbstständigkeit wird für viele dann zu einer interessanten Perspektive“, meint Fuchs. Auch Marc Balke hat das Gefühl, dass für aktuelle Schulabgänger auch die Selbstständigkeit eine denkbare Option sei. „Sie sind bei den Wirtschaftsjunioren willkommen.“