Mülheim. . In der Debatte zur Zukunft der Medl meldet sich Ex-Geschäftsführer Bachmann zu Wort. Er sieht Versäumnisse der Stadtspitze.
- Stadt brachte bei Gründung der Partnerschaft Fernwärmegeschäft ein
- Bachmann baute die Medl zum renditeträchtigen Unternehmen aus
- Bürgerbegehren gegen Ratsbeschluss steht in Aussicht
In der Debatte um die Zukunft des Energiedienstleisters Medl meldet sich nun der ehemalige und langjährige Geschäftsführer Hans-Gerd Bachmann zu Wort. Hörbar angefressen ist er ob der aktuellen, lange unter der Decke gehaltenen Diskussion um die Zukunft der Medl, die Bachmann, das hat er immer wieder durchblicken lassen, gerne schon unter seiner Regie zu einem „echten Stadtwerk“ mit breiter gefächerter Daseinsvorsorge weiterentwickelt hätte.
Nun, da der politische Streit um die künftige Gesellschafterstruktur bei der Medl auch öffentlich entflammt ist und ein Bürgerbegehren gegen das vom Rat beschlossene Weiter-so mit RWE als 49-Prozent-Gesellschafter in Aussicht steht, ist Bachmann offenbar bei der Zeitungslektüre der Kragen geplatzt. Er will sich, das gehöre sich so, auch gar nicht öffentlich einmischen in die Zukunftsdebatte. Doch Bachmann reagiert allergisch auf zwei Worte, die zuletzt mit Blick auf die Gründung der Medl Ende des vergangenen Jahrtausends gefallen sind: Von einem „Geburtsfehler“ war da die Rede, von einem „Konstruktionsfehler“.
Die Worte nutzen sowohl einige Lokalpolitiker als auch Dr. Hendrik Dönnebrink, gleichsam Chef von städtischer Beteiligungsholding und der Medl. Und zwar im Zusammenhang mit der seinerzeitigen Entscheidung, die Medl „auf Pump“ aus der Taufe zu heben.
Die Stadt brachte in der Partnerschaft das mickrige Fernwärmegeschäft ein, die RWE-Tochter Rhenag ihr lukratives Gasgeschäft. Um die 51-Prozent-Mehrheit der Gesellschaftsanteile dennoch bei der Stadt anzusiedeln, ließ Mülheim sich auf den Deal ein, den RWE-Konzern über die Medl an der Wohnungsbaugesellschaft SWB zu beteiligen. Um dies rückgängig zu machen, wären aktuell 39,2 Millionen Euro an RWE zu zahlen in jenem Fall, wenn die Stadt durch ein erfolgreiches Bürgerbegehren gezwungen würde, doch einen anderen Partner als RWE zu installieren.
Das damalige Konstrukt als „Geburtsfehler“ zu bezeichnen, bringt Bachmann, der die Medl zum renditeträchtigen Unternehmen ausgebaut hat, auf die Palme. „Selbst die Gutachter, die damals zur Gründung der Medl eingesetzt waren, haben es als Königsweg gesehen“, sagt er. Die Rhenag über die Medl indirekt an der SWB zu beteiligen, habe den Entscheidern ermöglicht, „aus dem Nichts einen Goldesel zu machen“. Der hat über die Jahre zig Millionen für die Quersubventionierung des Nahverkehrs ausgespuckt. Gar bis zu 10 Millionen Euro konnte Kämmerer Uwe Bonan zuletzt mal als Ausschüttung konstatieren. Die Medl sei heute deutlich werthaltiger als zur Gründungszeit, sie habe keine Verbindlichkeiten und einen erheblichen Liquiditätsüberschuss, verteidigt Bachmann den Weg in die Gründung.
Dass später kein Geld zurückgelegt worden sei, um die „Altschulden“ abzulösen, sei kein „Geburtsfehler“, sondern hätten diejenigen zu verantworten, die „nicht massiv Vorschläge dazu eingebracht haben“. Zumindest in einem dürfte Beteiligungschef Dönnebrink ganz bei Bachmann sein. Die Gründung „auf Pump“ hat er zuletzt auch nicht kritisiert. Wenn er von einem Konstruktions- oder Geburtsfehler sprach, meinte er das Versäumnis der Stadt, jene 39,2 Millionen Euro peu à peu zurückzulegen, um freier zu sein bei einer Entscheidung pro oder contra RWE. Dönnebrink hat der Redaktion zahlreiche Papiere vorgelegt, die belegen, dass er über die Jahre in nicht-öffentlichen Sitzungen des Hauptausschusses und in Aufsichtsräten mit Blick auf das Jahr 2016 auf die Problematik der „Altschulden“ hingewiesen hat.
Jetzt schreiben wir das Jahr 2016 – jene 39,2 Millionen Euro werden als Blockade dargestellt für eine Fortentwicklung der Medl ohne RWE. Für RWE selbst war jene Millionensumme vor Jahren kein Hindernis, die Gesellschafteranteile von der Rhenag zu übernehmen.
Bürgerbegehren in Vorbereitung
Bündnis für Klimaschutz und Energiewende in Mülheim“ will den Ratsbeschluss kippen, RWE weiter als Gesellschafter der Medl zu halten. Dies hatte die Ratspolitik ohne Transparenz in einer vorlaufenden, nicht-öffentlichen Debatte im September beschlossen.
Das Bürgerbegehren braucht knapp 7000 Unterschriften, so müsste der Rat das Thema noch einmal aufgreifen. Lenkt er nicht ein, ist ein Bürgerentscheid möglich.