Mülheim. . Der „Mülheimer Spinntreff“ zeigte sein Handwerk in der Innenstadt und zog große Aufmerksamkeit auf sich.

  • Hobby-Handwerkerinnen zeigten ihre Kunst beim Welttag des Spinnens
  • Beim Verspinnen werden lose Fasern zu einem Faden verarbeitet
  • „Mülheimer Spinntreff“ wurde vor sechs Jahren gegründet

„Dornröschen hat sich doch an einer Spindel die Hand gestochen und dann ist sie in einen langen Schlaf gefallen“ – ein kleines Mädchen steht staunend vor dem Stand des Mülheimer Spinntreffs und beobachtet interessiert die Präsentation des uralten Handwerkes.

Katharina Hoyer und Natalie Dekkers sitzen vor ihren beiden Spinnrädern. Man hört das Surren der Spinnräder, die Frauen treten fleißig in die Pedale. Und eine weitere Frau erklärt, warum Dornröschen sich in dem Märchen wohl gestochen habe.

Sinn und Zweck

„Dornröschen hat sich vermutlich an einer Handspindel geschnitten, die sind unten sehr spitz. Man nennt sie auch Kreuzhand- oder Türkenspindel,“ sagt die Interessentin, die von der Aktion des Mülheimer Spinntreffs in der WAZ gelesen hatte und ganz erfreut war, dass es eine solche Gruppe überhaupt gäbe: „Mit mehreren macht solch ein Hobby auch einfach mehr Spaß, da man sich austauschen und Anregungen sammeln kann.“ Mit ihrer selbst gebauten Handspindel steht sie spontan neben den beiden Spinnrädern und unterhält sich angeregt mit den Frauen vom Spinntreff.

Initiatorin Karen Erdmann-Brehm erklärt Sinn und Zweck der Veranstaltung: „Wir sind hier, damit dieses alte Handwerk nicht in Vergessenheit gerät“. Ein Passant im Anzug nickt und bleibt stehen. Ja, seine Großmutter habe das auch immer mit einem Spinnrad Wolle erzeugt und er habe als Kind fasziniert zugeschaut. Daher ist ihm auch klar, wie aufwendig das Spinnen ist. Viele Passanten wissen dies jedoch nicht und lassen sich erklären, wie es funktioniert.

Entspannte Frauen

„Beim Verspinnen werden lose Fasern durch gleichzeitiges Verdrehen und Auseinanderziehen zu einem Faden verarbeitet. Gesponnene Fäden werden auf dem Spinnrad zur weiteren Verwendung meist noch gezwirnt, das heißt, es werden zwei oder mehr Einzelfäden zu einem weit haltbareren Garn zusammengedreht. Dieses wird im dritten Schritt aufgewickelt. Am aufwendigsten ist dabei in der Tat das Spinnen“, erklärt Katharina Hoyer. Sie hat das Spinnrad von ihrer Tante aus Holland geerbt und einfach irgendwann zuhause damit angefangen. „Ich bin erst vor einem Monat zu der Gruppe gestoßen. Das macht richtig Spaß in Gesellschaft zu spinnen und dabei zu quatschen“, erklärt die Kettwigerin.

Tatsächlich sehen die Frauen sehr entspannt dabei aus, obwohl sie doch arbeiten. „Man könnte es auch als therapeutische Maßnahme anbieten“, ergänzt Karen Erdmann-Brehm mit einem Augenzwinkern. Die Rentnerin hat den Treff vor sechs Jahren nach ihrer Pensionierung ins Leben gerufen und bestätigt, dass die Geselligkeit dabei im Vordergrund steht. Aber die Frauen verkaufen auch ihre selbst gefertigten Waren. Etwa Westen aus Schafswolle, Handschuhe oder Stulpen oder Schals. Dass Qualität natürlich ihren Preis habe, würden die Käufer auch einsehen. Allein die Herstellung eines Wollknäuels dauert mehrere Stunden und dann ist die Weste noch nicht gestrickt. Wer Interesse hat, ist herzlich eingeladen, zum Schnuppern beim Mülheimer Spinntreff vorbeizukommen.

Kontakt zum „Mülheimer Spinntreff“

Die Frauen des Mülheimer Spinntreffs setzen sich zweimal im Monat, am ersten und dritten Mittwoch, von 18 bis 21 Uhr, im Gemeindehaus der Pauluskirche an der Witthaus-/Ecke Sauerbruchstraße zusammen.

Nähere Informationen zur Gruppe und zum alten Handwerk gibt’s bei Karen Erdmann-Brehm unter 39 03 02.