Die Kunst, die keine sein wollte und damit zur eigenen Kunstrichtung avancierte und der Aufruhr gegen eine fest zementiert bürgerliche Gesellschaft haben einen Namen: Dada. Was gezielt simpel klingt, wurde eine eigenständige Kunstform, gegründet 1916 in Zürich. „Dada ist“, sagt Museumsleiterin Dr. Beate Reese, „mit Unsinn gegen den Wahnsinn des Krieges anzugehen.“ Der Dadaismus wurde vor 100 Jahren ins Leben gerufen. Und im Jubiläumsjahr dieser Bewegung würdigt das Kunstmuseum Hannah Höch, 1898 in Gotha geboren, 1978 in Berlin verstorben, als eine „Revolutionärin der Kunst“. Sie galt als wichtige Vertreterin der Richtung wie überhaupt im Gefüge der Moderne und des 20. Jahrhunderts. Das Gesamtwerk der Collage-Künstlerin, Malerin, Grafikerin und Kunsthandwerkerin umfasst fruchtbare 60 Schaffensjahre.
In der Ausstellung, die am morgigen Samstag, 18 Uhr, im Kunstmuseum eröffnet wird, werden rund 120 Exponate gezeigt, darunter großzügige Leihgaben aus dem Privatbesitz, aus zahlreichen Museen und der Berliner Sparkasse. Neben bislang noch nicht ausgestellten Arbeiten sind Hauptwerke aus den 1920er Jahren zu sehen. Ebenfalls dabei aus der Sammlung des Kunstmuseums: das Gemälde „Die schönen Reusen“ von 1932 und die Fotomontage „Erinnerung an Volterra“ von 1949, beides Ankäufe, die der Förderkreis ermöglichte.
In der Ausstellung, eine Kooperation mit der Kunsthalle Mannheim, wird Hannah Höchs Schaffen in acht zentralen Themen präsentiert. Den Höch’schen Lebenskosmos in Schwarz-weiß zeigt die Collage „Lebensbild“ von der Kindheit über die reiferen Jahre bis ins Alter, die sie erst mit über 80 Jahren gestaltete, wie Beate Reese erläuterte. Dass Hannah Höch freundschaftliche Verbindungen zu Mülheim hegte, wird in der gezeichneten Glückwunschkarte deutlich, die sie dem hiesigen Künstlerpaar Werner Graeff (1978 verstorben) und Ursula Hirsch zur Hochzeit 1964 schickte.
Im Umbruch des Kaiserreiches mit seinem stählernen Wertegerüst nach dem Ersten Weltkrieg erlebte Hanna Höch in der Weimarer Republik erste Freiheiten – als moderne selbstbewusste Frau mit kecker Kurzhaarfrisur ebenso wie als eigenständige Künstlerin, was ein Selbstbildnis aus diesen Jahren eindrucksvoll demonstriert.
Auf das Weltgeschehen schaute Hanna Höch gern von oben drauf. Nicht nur, dass sie sich für Astronautik und Aktuelles auf der Höhe der Zeit interessierte – anhand der Eule mit Lupe zeigt sie, dass Großes auch klein sein kann und umgekehrt, so Reese: „Es kommt ganz auf die Perspektive und den Standort an.“ Sie selbst musste ihre Perspektive während des Nationalismus verändern. Als Dada-Künstlerin verfemt, wurde sie isoliert und in die innere Emigration getrieben. Nach 1945 wagte sie neue Schritte – in die Abstraktion.