Mülheim. . Mediziner wollen kaum noch in Behörden arbeiten, weil sie dort weniger verdienen. In Mülheim stehen die Schuleingangsuntersuchungen auf der Kippe.

  • Das Mülheimer Gesundheitsamt sucht verzweifelt Ärzte
  • Auf bundesweite Ausschreibungen ging keine einzige Bewerbung ein
  • Die Schuleingangsuntersuchungen für Erstklässler stehen auf der Kippe

Der Betrieb des Gesundheitsamtes krankt. Grund für diese Schwächung sind unbesetzte Medizinerstellen. Seit zwei Monaten fehlen nun zwei Kinderärztinnen oder -ärzte. Das bedeutet beispielsweise: Die bei allen Erstklässlern notwendige, so genannte Schuleingangsuntersuchung steht auf der Kippe. „Mit dem vorhandenen Personal ist es nicht zu schaffen, mehr als 1400 Mädchen und Jungen eingehend zu untersuchen und zu begutachten“, beschrieb Dr. Georg Ohde, Leiter des Gesundheitsamtes, jetzt die Situation auf „seiner Station“ im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales.

Im Schuljahr 2015/16 hätten die Amtsärzte noch alle Kinder (rund 1360) untersuchen können. „Wir haben dafür Personal aus anderen Abteilungen eingesetzt“, erklärte Ohde. Inzwischen habe er auch noch eine Abteilungsleiterin verloren, was die Situation verschärfe. Folglich sind jetzt eineinhalb Kinderarztstellen unbesetzt. Bereits zweimal hat die Stadt diese Stellen schon bundesweit ausgeschrieben. Zweimal ging darauf keine einzige Bewerbung im Rathaus ein.

800 bis 1000 Euro mehr

Der Grund dafür liegt für junge Mediziner auf der Hand: „Kinderärzte im Krankenhaus verdienen etwa 800 bis 1000 Euro mehr als im städtischen Gesundheitsamt“, erklärte Ohde. Dabei böte die Stadt geregelte Arbeitszeiten, was manche schätzten. „Wir können nur nach dem geltenden Beamtentarifrecht unser Personal bezahlen. Wir wollen dieses Recht nicht aushebeln“, ergänzte dazu Gesundheitsdezernent Ulrich Ernst.

Es geht um unsere Kinder, die gesund bleiben sollen. Dafür müssen wir mehr tun. Da darf uns nichts zu teuer sein“, reagierten die Mitglieder des Gesundheitsausschusses. Auch bei der Besoldung gebe es Möglichkeiten mit Zulagen, um einen Arzt zu bekommen. „Seien Sie versichert, dass wir da alle Möglichkeiten ausschöpfen“, antwortete Ulrich Ernst. Bisher sei die Suche nach geeigneten Kandidaten aber erfolglos geblieben.

Beurteilung des Entwicklungsstandes

Wie Kleinkinder nach der Geburt mehrere Untersuchungen durchlaufen müssen, ist auch die Schuleingangsuntersuchung wichtig für den Lebenswege der Mädchen und Jungen. Dabei ermitteln die Schulärzte, ob ein Kind von sich aus bereit und motiviert zum Lernen ist. Auch die körperliche Untersuchung und die Beurteilung des Entwicklungsstandes gehören zur Einschulungsuntersuchung. Bisher untersuchten Schulärzte jeden Erstklässler in Mülheim. Dabei stellten sie ebenfalls fest, ob ein Kind in irgendeinem Bereich besondere Förderung und Unterstützung benötigt. Ziel ist es, jedem Kind die schulischen Bedingungen zu ermöglichen, die es braucht, um erfolgreich lernen zu können. Fehlen die Schulärzte im Gesundheitsamt, erreichen Kinder dieses Ziel zukünftig nicht.