Mülheim. . Mülheimer Handwerksbetriebe verzeichnen ein mittelprächtiges Jahr. Vielerorts ist die Auftragslage sogar enttäuschend.

  • Kreishandwerkerschaft teilt Einschätzung der Handwerkskammer nicht
  • Die Kammer hatte gesagt, bei den Betrieben seien kaum mehr Termine zu bekommen
  • Landesweit noch rund 1000 freie Ausbildungsstellen im Handwerk

Es herrscht Bauboom in der Region Rhein und Ruhr. Das berichtet die Handwerkskammer Düsseldorf. Ausgelastete Betriebe und lange Wartezeiten für Kunden seien die Folge. Mülheim hat dieser Boom offenbar nicht erreicht. Die Kreishandwerkerschaft lässt verlauten, dass die Auftragslage der Betriebe gleich geblieben und in einigen Bereichen eher schlechter geworden sei. Manche Geschäftsfelder seien sogar ganz weggebrochen.

„Von dem angeblichen Bauboom bekommen wir hier nicht viel mit“, sagt Peter Schmidt, stellvertretender Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft. „Die Situation ist bei einigen nicht rosig. Viele Mülheimer Handwerker mussten bisher in diesem Jahr ordentlich kämpfen.“ Oft, so Schmidt, gingen mögliche Aufträge an Mülheimer Firmen vorbei. „Die Konkurrenz aus osteuropäischen Staaten, die Dumping-Preise anbietet, ist groß.“

Schnelle Hilfe von Handwerkern

Die gute Nachricht für Auftraggeber: Während anderswo laut jüngster Bilanz der Handwerkskammer lange Wartezeiten anstehen, können sie hier in der Stadt auf schnelle Hilfe von Dachdeckern, Lackierern oder Elektrikern zählen. „Wir können nicht von einer ungewöhnlich hohen Auslastung sprechen, längere Wartezeiten sind in Mülheim daher eher nicht zu erwarten“, stellt Schmidt fest. „Allerdings muss man da zwischen den einzelnen Fachgebieten unterscheiden.“

Einige Bereiche verzeichnen rückläufige Auftragszahlen, so Schmidt. Komplett weggebrochen seien laut seinen Informationen etwa Sanierungen von Gebäuden infolge von Bergbauschäden: „Der Bergbau schwächelt. Es ist kein Geld für Sanierungen da“, vermutet Schmidt und fügt hinzu: „Man arrangiert sich anders mit den Eigentümern. Für einige unserer Unternehmen ist das natürlich schlecht.“

Gute und schlechte Zeiten

Noch zahlreiche Lehrstellen im Handwerk zu vergeben

Auch wenn der große Boom für die Handwerker in Mülheim bislang ausbleibt – Ausbildungstechnisch geht in Handwerksberufen derzeit einiges. In ganz NRW gibt es noch etwa 1000 offene Lehrstellen. Auch in Mülheim sind laut IG-Bau noch zahlreiche Stellen zu vergeben.

Die Gewerkschaft weist darauf hin, dass das Ausbildungsjahr gerade erst begonnen hat und es noch die Chance gebe, einen guten Ausbildungsplatz zu bekommen. „Immerhin gehören Bau-Azubis zu den Topverdienern unter den Auszubildenden“, so Peter Köster, Vorsitzender der IG Bau. „Im ersten Lehrjahr bekommt ein Bau-Azubi bereits 750 Euro brutto im Monat.“

Während einige klagen, freuen sich andere über gute Umsätze. So der Dachdeckerbetrieb Alexius in Styrum: „Bei uns ist die Lage gleich geblieben. Wir können zufrieden sein“, sagt Dirk Alexius. „Allerdings kann ich auch nichts vom Bauboom feststellen. Es gibt nicht mehr Aufträge als in vergangenen Jahren.“ Billig-Konkurrenz mache dem 1969 gegründeten Betrieb nicht zu schaffen, die Stammkundschaft sei groß.

Der Elektrobetrieb Dirksmeier erlebt ebenfalls keinen Bauboom, schlechte Zeiten durchlebt man dennoch nicht: „Ich kann nicht sagen, dass wir häufiger in Neubauten eingesetzt werden“, sagt Heike Dirksmeier. „Aber wir können auf unsere Stammkunden zählen, sind nach wie vor gut im Geschäft. Ich denke, wenn man sich einen Namen gemacht hat und entsprechende Stammkunden hat, dann ist man gut aufgestellt“, sagt sie. Seit den 1920er Jahren gibt es den Familienbetrieb schon, mittlerweile wird er in dritter Generation geführt. „Es läuft immer mal besser und mal schlechter, aber wir können uns nicht beklagen“, so Dirksmeier.