Die Mülheimer Bier- und Brauereigeschichte aus ein paar Flaschen in einem Bottich zu kippen, das wird dieser Wirtschaftskraft nicht gerecht. Die örtlichen Brauer von einst würden schäumen. Mehr als 120 Brauer, vor allem kleine Braustätten, die Gerstensaft für den eigenen Hausausschank produzierten, sind bekannt. In den 1920er Jahren sind es rund zehn größere Betriebe.

Während der Konzentration auf dem Biermarkt schluckt ein Konzern 1968 die Ibing-Brauerei am Heuweg in Saarn, und ein Bierhändler übernimmt 1991 die Berg-Brauerei an der Boverstraße in Dümpten. Es sind die beiden letzten Brauereien der Stadt. Geblieben ist die Apserar-Brauerei im Hafen, die mit Röstmalzbieren, Malzextrakten und Bierkonzentraten zu den Weltmarktführern gehört.

Echt Mölmsch ist das bekannteste Bier der Stadt. Es reift ab 1962 in der Berg-Brauerei, bekommt mit Bock und Jubiläums-Mölmsch zwei Brüder. 1991 versiegt die Mölmsch-Quelle. Das lässt 2008 fünf Mölmsche Jonges mit Unternehmergeist nicht ruhen. Sie gründen ihre Mölmsch-Firma, kaufen die Markenrechte zurück. Seit 21. März 2009 löscht Echt Mölmsch, ein Helles Obergäriges nach Mülheimer Brautradition, wieder den Durst der Bierkenner. Das herbe Pils kommt ab 2012 hinzu. Beide Biere aus den grünen Kästen werden aber nicht in Mülheim gebraut.

In heiligen Hallen brauen dagegen schon die Zisterzienserinnen um 1350 in Saarn, wird vermutet. Die Nonnen verkaufen ihr Grutenbier aus Gagelkraut und wildem Rosmarin an die Nachbarn. Erst um 1500 gelangt Hopfen in das Bier, gibt ihm den herben Geschmack. Grutenbier ist süßlich, wird in Mülheim aber noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts gebraut. Seit dem Mittelalter bekommen Frauen als Mitgift zur Hochzeit eine Bierbrauausstattung

„Die Mülheimer Braugeschichte ist vor allem eine der Konkurse und Zwangsversteigerungen“, findet Bernd Brinkmann bei seinen oft trockenen Forschungen heraus. Daher resultieren die vielen Namen, Brauereien wechselten oft den Besitzer. Der Bierkonsum der Bergleute, Gerber, Handwerker und Angestellten bleibt über Jahrzehnte konstant.

Aber die Mülheimer sind wählerisch, trinken nicht jede „Plörre“. Der aus Dänemark stammende Conrad Fuglsang braut in Mülheim eines der besten Biere. In den Volkskehlen ist es Bier als „Conrad-Dünn-Dünn“ eher unbeliebt. Die Konkurrenz braut kräftigeren, herberen Stoff. Aber Fuglsang wie auch andere örtliche Brauer haben mit ihren im bayerischen Geschmacksstil hergestellten Gerstensäften Erfolg, was den Mengenausstoß angeht. Im Jahr 1931 fusioniert die Fuglsangsche Teutonenbrauerei mit Ibing.

Die Gaststätte am Froschenteich ist die Wiege der späteren Rheinischen Zonenbrauerei. Mehrere Besitzerwechsel bis hin zu den Aktiengesellschaften Feldschlösschen-Brauerei und Bürgerliches Brauhaus verzeichnet die Firmenchronik. Mangelnder Bierabsatz treiben den Vorstand immer wieder zu Finanzaktionen, bei denen die Rheinische Zonenbrauerei 1913 Hypothekengarantien für das Mülheimer Brauhaus übernimmt. Der Ausstoß steigt wieder. 1941 muss die Zonenbrauerei ihr Betriebsgelände in Eppinghofen an die Thyssen-Röhrenwerke abgeben, damit die Rüstungsproduktion steigt, verfügen die Nazis. Die Hähne mit Zonenbräu werden 1941 hochgedreht.

Die Ibing-Chefs pflegen gute Kontakte zur Reichsregierung. Auf allen deutschen U-Booten ist Ibing-Bier mit an Bord. Für einen Abschuss bekommt die Besatzung als Prämie das starke Bockbier aus 0,3-Liter-Fläschchen. Das rote „I“ ist im ganzen Land bekannt. Ibing und Berg teilen sich in den nächsten Jahrzehnten die Mülheimer Gaststätten und haben regionale Märkte in der näheren Umgebung. Aber die Industriebierproduzenten schlucken kleinere Brauereien, wie sie in ihre Fässer passen, wollen nur noch ihre Sorten aus dem Hahn schäumen sehen. 25 Jahre, nachdem Mülheim den Bergbau verloren hat, ist sie auch brauereifrei.

Mölmsch ist seit sieben Jahren zurück in der Stadt. Neu im Trend laufen jetzt Hausbrauereien mit geschmacksstarken Bieren. Solch ein Bierhaus hat sich bisher an der Ruhr nicht etabliert.