Mülheim. . 20 WAZ-Leserinnen und -Leser besuchten Mülheims zweitgrößtes Regenrückhaltebecken, das sich unter dem Stadthallenparkplatz befindet
Wenn es keine Regenrückhaltebecken geben würde in einer Stadt, würde bei kräftigen Regengüssen das Wasser in den Straßen stehen – so schnell würden die Kanäle den Abtransport der Wassermassen nicht bewältigen können. Regenrückhaltebecken sind meistens unsichtbar unter der Oberfläche – eines der größten Mülheims befindet sich unter dem Stadthallenparkplatz, nahe der Fährstraße.
20 WAZ-Leserinnen und -Leser hatten jetzt die Gelegenheit mit Mitarbeitern der Stadtentwässerung Mülheim (SEM) das zweitgrößte Regenrückhaltebecken der Stadt zu besichtigen. 12 500 m3 Abwasser fasst es. Aber erst, als die Besuchergruppe metertief unten auf dem Boden einer der sieben riesigen Wasserkammern stand, wurde die Bedeutung des Satzes klar, den Andreas Preußner bei der Einführung, noch vor dem Abstieg, gesagt hatte: „Am 7. Juni war das Becken vier Stunden lang komplett gefüllt.“ Während dieses Starkregenereignisses, erklärte der technische Leiter Kanalbetrieb, flossen gleichzeitig 1300 Liter Abwasser/Regen pro Sekunde Richtung Kläranlage in Duisburg-Kaßlerfeld. Denn erst, wenn mehr Abwasser als 1300 Liter/Sekunde anfallen, wird automatisch durch Schieber geregelt, dass das Regenrückhaltebecken beginnt, sich zu füllen.
Die SEM betreibt die 550 Kanal-Kilometer in der Stadt und die rund 100 Sonder-Bauwerke, wozu neben Pumpstationen auch die insgesamt 16 unterirdischen Regenrückhaltebecken gehören. Das größte fasst übrigens 14 000 m3 und liegt unter dem Gewerbegebiet am Heifeskamp. Doch auch das zweitgrößte Becken beeindruckte die WAZ-Leser, das kurz vor der Müga, im Jahr 1991 für rund fünf Millionen Euro gebaut wurde. „Ich bin überrascht von den Dimensionen“, sagte Jürgen Brinkmann. Die vollautomatische Technik und die Größe bestaunte auch Peter Hufschmidt: „Bei einem Unwetter möchte man nicht da unten sein.“
Das war auch nicht zu befürchten, denn die SEM-Mitarbeiter Rudolf Kaluza und Thorsten Heisterkamp passten gut auf, dass niemand der Besuchergruppe in den Abwasserkatakomben verloren ging oder beim Übergang von einer Kammer in die andere – was normalerweise nur zur Wartung geschieht – ins Rutschen kam. Ausgestattet mit Gummihandschuhen und Plastiküberziehern für die Schuhe zum Schutz vor Keimen hatte sich die Gruppe zunächst im Betriebsraum die vollautomatische Steuerungs- und Überwachungstechnik von Martin Holtei (Gruppenleiter technische Unterhaltung) erklären lassen, bevor es in die Tiefe ging.
Holtei und Preußner beantworteten viele Fragen der Leser, die sich auch an Details sehr interessiert zeigten. Das Regenrückhaltebecken an der Bergstraße hat 70 Quadratkilometer Einzugsfläche, Teile Broichs und auch Saarn gehören dazu. Die Anlage entwässert über eine integrierte Pumpstation das tiefer gelegene Gebiet um Tunnel-, Kanal und Fährstraße. Wohin das Abwasser fließt, wenn also jemand in diesem Viertel den Stöpsel zieht, konnte man genau sehen.
Rund zehnmal im Jahr ist das Regenrückhaltebecken gefüllt – nicht immer bis zum Rand wie bei den immensen Regenfällen am 7. Juni. Damals sei das Abwasser sogar über den Notüberlauf geplant und stark verdünnt in die Ruhr geflossen, erklärt Preußner. Wenn das Abwasser abgeflossen ist, wird die Anlage gereinigt. Deshalb konnte man den Beckenboden unbehelligt betreten – und auch der Geruch hielt sich in Grenzen.