Mülheim. . Nicht nur der Punktestand in Flensburg oder Alkohol am Steuer können zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. Auch die Gesundheit spielt eine Rolle.

  • Nicht nur Punkte in Flensburg können den Führerschein kosten.
  • Diabetes oder Epilepsie können auch zu Überprüfung führen.
  • „Wer aber attestiert bekommen hat, dass er ­fahren darf, ist auf der sicheren Seite.“

Seinen Führerschein kann man nicht nur verlieren, wenn man zu viele Punkte gesammelt hat oder alkoholisiert am Steuer saß. Auch häusliche Gewalt kann bekanntlich zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. Aber – was viele nicht wissen – auch der Gesundheitszustand. Damit sind nicht ältere Fahrer gemeint, deren Eignungsüberprüfung in Mülheim in den vergangenen Jahren ohnehin zugenommen hat – aufgrund der demografischen Entwicklung.

Es wird in Mülheim nicht statistisch erfasst, aus welchem Grund die Fahrerlaubnis entzogen wurde: Insgesamt 187 Mal wurde Mülheimern 2015 der Führerschein entzogen, im Jahr davor gab es 161 Fälle. Im ersten Halbjahr 2016 waren es bereits 108 Fälle. Etwa 150 bis 200 sind es in jedem Jahr. Es gilt: „Wer mit seiner Erkrankung fahrlässig umgeht, riskiert seine Fahrerlaubnis“, betont Reinhard Kleibrink, der Leiter des Bürgeramtes. „Wir haben den gesetzlichen Auftrag, das zu überprüfen.“

Hinweise aus dem privaten Umfeld

Wer sich beispielsweise mit einem Gipsbein in seinen (Schalt-) Wagen setzt, und in eine Kontrolle kommt, oder gar einen Unfall baut, „wird behandelt wie bei einer Trunkenheitsfahrt“. Mit allen Konsequenzen. Natürlich gebe es hier eine hohe Dunkelziffer. Polizei oder Staatsanwaltschaft informieren die Führerscheinstelle, um die Kraftfahreignung zu überprüfen, wie es im Amtsdeutsch heißt. Aber auch Hinweise aus dem privaten Umfeld erreichen die Behörde nicht selten.

Betroffene müssen dann zu einem Gespräch im Amt vorstellig werden. „Das bedeutet aber nicht gleich für jeden die Entziehung des Führerscheins“, sagt Amtsleiter Kleibrink. „Wir müssen hier“, ergänzt Ursula Fitzner, Sachgebietsleiterin im Fahrerlaubniswesen, „jeden als Einzelfall betrachten.“ Krankheiten, die zugrundeliegen können, sind, zum Beispiel, Epilepsie, schlecht oder nicht eingestellter Diabetes oder auch kardiologische Erkrankungen.

Wenige Bürger fragen von sich aus nach einem Gespräch, weiß Fitzner. Das komme etwa fünfmal im Jahr vor. Häufig liege bei einer Erkrankung eine Empfehlung aus einem Krankenhaus vor, etwa eine Zeit lang nicht selbst zu fahren. Reinhard Kleibrink: „Wer aber attestiert bekommen hat, dass er ­fahren darf, ist auf der sicheren Seite.“ Manchmal müssten auch bestimmte Auflagen erfüllt werden, etwa, das man vor dem Losfahren stets den Blutzucker messen müsse.

Vorbeugende Gefahrenabwehr im Straßenverkehr

Wenn die Führerscheinstelle ein medizinisches Gutachten anfordert, um die Eignung zum Fahren zu überprüfen, so sind die Kosten vom Betroffenen zu tragen – auch das ist ein Thema im Einzelgespräch. Ein verkehrsmedizinisches Gutachten von einem entsprechend ausgebildeten Arzt kann mehrere hundert Euro kosten und wird dort durchgeführt, wo die Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen (MPU) stattfinden.

„Anfechtbar ist das Gutachten nur im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis“, sagt Kleibrink. Der Amtsleiter weiß, dass die Menschen das Verfahren „als Bestrafung empfinden“. Dennoch sei es nötig: Als vorbeugende Gefahrenabwehr im Straßenverkehr. Deshalb dürften bei der Bewertung „berufliche und private Nachteile keine Rolle spielen“. Nicht selten gebe es die positive Wirkung, dass „die Einsicht vermittelt wird, mit der Krankheit künftig verantwortungsbewusster umzugehen.“