Mülheim-Mintard.. Der Geschichtsverein hatte zu einem Spaziergang durch den ältesten Vorort der Stadt eingeladen. Der Mintarder Fred Momm führte durch sein Dorf.

Über 800 Jahre gehörte Mintard zu Düsseldorf, bis es in den 70er-Jahren an Mülheim abgetreten wurde. Die Mintarder St. Laurentius Kirche ist die älteste Kirche Mülheims, fast 350 Jahre älter als die Saarner Kirche. Neben Tengelmann haben viele weitere große deutsche Namen jahrelang in Mintard gelebt.

Welch spannende Geschichten hinter den alten Mauern des Ortsteils Mintard stecken, hätten wohl die wenigstens vermutet. Am Wochenende organisierte der Mülheimer Geschichtsverein einen Rundgang durch den grünen Ort.

Auf den Tengelmanns Spuren

Neben zahlreichen neuen Informationen über die Heimat, kamen auch so einige Erinnerungen hoch. Gut 20 Vereinsmitglieder und Interessierte haben sich an der St. Laurentius Kirche in Mintard eingefunden. „Es ist schön, seine Heimat mal richtig kennenzulernen“, sagt Heide Lippert. Die 83-jährige Duisburgerin ist schon seit vielen Jahrzehnten im Mülheimer Geschichtsverein. „Die Touren sind immer super organisiert, die haben ein Händchen für gute Leute.“

Wie etwa Fred Momm. Aufgewachsen in Mintard und tief verankert in seiner Heimat, leitet er die Gruppe durch den ältesten Vorort Mülheims. „Hier war der wichtigste Ort der Stadt: Die Trinkhalle. Neben Getränken und Süßem gab es hier auch einen Laufmaschenservice für die Damen.“ Von der St. Laurentius Kirche, in deren Räumlichkeiten heute auch ein Heim für benachteiligte Kinder beheimatet ist, geht es in die benachbarte Sachsensiedlung. 1937 erbaut, gehörte sie früher zu Kettwig. 60 Mitglieder umfasst die Siedlung, wobei nur noch ein Haus im Originalzustand ist. Historische Atmosphäre hat die beliebte Siedlung doch auch heute noch inne.

Besucher schwelgen in Erinnerungen

Fred Momm dirigiert weiter durch den Dorfkern, die Dorfstraße hinauf. Nachdem die alte Mintarder Dorfschule für die bis zu 300 Kinder zu klein geworden sei, erzählt Momm, sei eine größere Schule nebenan entstanden. „Es war alles unverändert. Ein Kanonenofen auf dem Flur, das Plumpsklo hier vorne.“ Auch die Besucher schwelgen in Erinnerungen: „Hier war doch der akademische Schuster.“ Ein Stückchen weiter, entlang des alten Bahnganges, liegt der Hang der Familie Tengelmann. „Hinter den Bäumen dort gibt es einen Bunker, da wurden wohl Kochrezepte und andere Geheimnisse gelagert.“ Auch andere einflussreiche Deutsche waren für lange Zeit in Mintard beheimatet. „Vilim Vasata, der deutsche Werbepapst, hat viele Jahre hier gewohnt“, erzählt Momm. Vasata hat die deutsche Werbung in der Nachkriegszeit wie kein anderer geprägt. „Er war die linke Hand von Coca-Cola, Henkel, Appel.“

„Schön ist es ja hier“, hört man die Gruppe immer wieder sagen. So schön idyllisch, so eine traditionelle Atmosphäre. Doch ohne Auto sei man aufgeschmissen. „Einmal in der Stunde fährt der Bus“, klärt Heide Lippert auf. „Das wäre mir zu weit vom Sprung.“ Aber schön ist es hier draußen, da waren sich alle einig.

Geschichte erlebbar machen

Haus Doorn, Kaiserswerth, die Hüttenwerke Krupp Mannesmann in Duisburg: Nicht nur Mülheims Historie wird erkundet, durch das ganze Ruhrgebiet bis nach Holland führen die Entdeckungstouren des Mülheimer Geschichtsvereins.

Seit 1906 ist es das Anliegen des Vereins, Geschichtsinteressierten ihre Heimat näher zu bringen. Beate Fischer organisiert als Schriftführerin mindestens ein Treffen pro Monat. „Wir bieten ganz unterschiedliche Veranstaltungen und Touren an“, erklärt sie. „Mal gehen wir ins Stadtarchiv, wir machen Exkursionen in Nachbarstädte, als nächstes fahren wir zu Haus Doorn nach Holland.“ 15 Euro kostet die Mitgliedschaft im Jahr. Davon werden viele Touren bereits bezahlt. „Auch als Nicht-Mitglied kann man mal mitkommen und sich eine Tour angucken.“ Knapp über 700 Mitglieder zählt der Verein aktuell. Nachwuchs ist eher nicht in Sicht. „Über das Internet versuchen wir auch jüngere Geschichtsinteressierte zu gewinnen, die meisten wissen aber gar nicht, was für spannende und interessante Sachen wir hier so erleben“, sagt Fischer. Verfügbare Plätze gibt es noch für die Tagesfahrt am Donnerstag, 21. Juli, zu Haus Doorn. Informationen dazu und zu weiteren Touren unter  Tel. 455 42 60.