Mülheim.. Blumen als Alternative zu Weizen und Gerste: Ein Landwirt wagt wegen fallender Getreidepreise einen Versuch mit Dahlien, Gladiolen und Sonnenblumen.
In den Farben des Regenbogens leuchten die Gladiolen aus dem üppigen Grün, dahinter recken Sonnenblumen ihre gelben Köpfe in die Höhe, weiter vorne sprießen die ersten Dahlien. Wer an dem Feld an der Zeppelinstraße/Ecke Parsevalstraße vorbeikommt, den erwartet nicht länger das blasse Einheitsbeige des Weizens, sondern ein bunter Farbteppich.
Auf rund 5000 Quadratmetern hat Landwirt Frederik Schulten-Baumer erstmals Blumen angepflanzt, die er in Selbstvermarktung anbietet. Bedeutet: Die Kunden gehen durch die Blumenreihen und schneiden die Sonnenblumen, Dahlien oder Gladiolen selbst – und hinterlassen in einer kleinen Box das Geld dafür. So soll es zumindest sein. Landwirt Frederik Schulten-Baumer hat aber schon das eine oder andere schwarze Schaf beobachtet: „Die fahren hier mit dicken Autos vor und werfen nur ein paar Cent in die Box.“ Noch aber hat der 32-Jährige den Glauben an die Ehrlichkeit der Mülheimer nicht verloren und setzt auch ein Stück weit auf die soziale Kontrolle an der recht stark befahrenen Zeppelinstraße. „Daher ist der Standort auch ideal für die Selbstvermarktung“, sagt der Diplom-Agraringenieur.
Aus dem Getreidefeld wird ein überdimensionales Blumenbeet
Der Entschluss, ein Stück des Getreidefeldes zu einem überdimensionalen Blumenbeet werden zu lassen, lässt sich auf zwei Arten erzählen – auf die wirtschaftliche und auf die romantische. Die wirtschaftliche, für die der Junglandwirt zuständig ist, geht so: „Die Getreidepreise sind nicht mehr so attraktiv, wir suchen nach Alternativen. Dabei haben wir hier eigentlich gute Böden, aber alles, was am Weltmarkt gehandelt wird, ist im Keller.“ So weit die Ökonomie.
Für die romantische Variante ist die Freundin des 32-Jährigen zuständig, Charlotte Joußen: „Mein Freund hat gesagt: Ich schenke dir nicht einfach ein paar Blumen, ich schenke dir gleich ein ganzes Feld.“ Die 24-Jährige betreut das Blumenfeld mit, ist oft vor Ort und gibt den Kunden Tipps, wie und wann eine Blume am besten zu schneiden ist, damit sie sich möglichst lange zu Hause in der Vase hält. Die Hebamme, die mit den Blumen zum Selbstscheiden auch den Trend zur Nachhaltigkeit und die Nachfrage nach Regionalität bedient sieht, schwärmt: „Die Kunden sagen, man sieht den Blumen die Sorgfalt und Liebe an, mit denen sie hier gezogen werden.“
Unwetter setzte den Acker unter Wasser
Frederik Schulten-Baumer indes hat die Bilanzen im Blick: „Das ist jetzt noch Hobby und erst mal ein Test. Falls wir aber einen guten Schnitt erzielen, wollen wir auch Frühjahrsblumen wie Tulpen mit ins Programm nehmen.“ Der Start in das neue Geschäftsfeld aber ist beinahe ins Wasser gefallen: Die Unwetter der vergangenen Monate haben den Acker oft unter Wasser gesetzt, so dass einige der Blumenzwiebeln kaputtgegangen sind. Jetzt aber bringt das bunte Blumenbeet die Passanten zum Strahlen.