Mülheim. . Im Josefshaus der Caritas Mülheim leben 30 psychisch kranke Menschen, oft sehr zurückgezogen. Sie sollen stärker am sozialen Leben teilnehmen.

Ein knallroter Kleinbus parkt neuerdings am Josefshaus. Für die Menschen, die dort leben, und ihre Betreuer ist der Transporter eine Errungenschaft. Jetzt im Juni waren sie für eine Woche in Vrouwenpolder. Neun Plätze bietet das Fahrzeug, und das genügt zumeist, obwohl 30 Frauen und Männer in der Caritas-Einrichtung wohnen. Die meisten bleiben lieber in ihrem Einzelzimmer, krankheitsbedingt.

Denn alle sind betroffen von schweren chronischen Psychosen, meist leiden sie an einer Art von Schizophrenie, die oft schon im Jugendalter anfing. Typisch ist „ein sehr starkes Rückzugsverhalten“, erklärt Maria Haep, eine der beiden Leiterinnen des Josefshauses. Morgens alle zum Aufstehen zu bewegen, sei nicht leicht, Antriebsschwäche und Ängste beherrschen den Alltag, bei einigen vollständig, bei anderen weniger.

Anspruch auf Teilhabe in allen Lebensbereichen

Die Bewohner des Josefshauses gelten als psychisch Behinderte, die laut UN-Konvention einen Anspruch auf Teilhabe in allen Lebensbereichen haben. Und so war die Aktion Mensch erste Ansprechpartnerin für die Caritas, als es darum ging, einen Zuschuss für den neuen Transportbus zu bekommen. „Inklusion“ heißt das Stichwort, die psychisch Kranken sollen mobiler werden, am sozialen Leben teilnehmen. Da sie überwiegend im mittleren bis fortgeschrittenen Alter sind, teilweise am Rollator laufen, braucht man für längere Ausflüge ein Fahrzeug. Die Begründung überzeugte die Aktion Mensch, sie zahlte 70 Prozent der Anschaffungskosten.

Teilhabe ist im Josefshaus eine tägliche Herausforderung, der sich ein insgesamt 17-köpfiges Team widmet, das die Bewohner betreut. Mit Nachtdienst. Jeder hat eine persönliche Bezugsperson.

Niemand der psychisch Kranken kann mehr einer Berufstätigkeit nachgehen, obwohl manche eine Ausbildung haben. „Sie sollten aber im Alltag möglichst selbstständig leben“, erklärt Sabine Derksen, Leiterin des Hauses. Um den Tag zu strukturieren, gibt es Beschäftigungsangebote, Bewegung, Kreatives, und eine Prämie von fünf Euro am Ende der Woche, wenn jemand regelmäßig teilnimmt.

"Wo viele Leute sind, bekomme ich Angstzustände"

Einige wenige schaffen es, stundenweise in der Caritas-Wäscherei mitzuarbeiten oder in der Kleiderkammer, berichten die Leiterinnen. Eine Frau besucht häufiger die Senioren des nahegelegenen Altenheims, ein Herr geht zum Kirchenchor, andere gelegentlich in ein Konzert oder ins Theater.

Für Petra Fischer, die seit 22 Jahren im Josefshaus lebt und auch dem Heimbeirat vorsitzt, kommen Alleingänge nicht in Frage. „Wo viele Leute sind, bekomme ich Angstzustände“, sagt die 52-Jährige, „Panik.“ Einkaufen, das geht, aber nur mit einer bekannten Person an ihrer Seite. Auch an den gemeinsamen Ausflügen, immer mittwochs, nimmt sie teil, mal nach Venlo, mal an den Baldeneysee, dafür gibt es ja jetzt auch den Bus.

Erst vor zehn Wochen kam Dagmar Deppner (48) ins Josefshaus, sie hat ihre Wohnung gekündigt, freiwillig, sagt sie, „ich muss stabiler werden“. Im Gegensatz zu Petra Fischer hat sie Freundinnen, die außerhalb wohnen, mit denen sie weggeht, und einen Partner, „ein gutes soziales Netz“. Deppner fühlt sich wohl im Josefshaus. Ihr Ziel ist, „wieder auszuziehen“. Außenkontakte, meint sie, helfen da sehr.

Weitere Wohnungen an der Buggenbeck

Das Josefshaus, eine Einrichtung der Caritas Sozialdienste in Mülheim für psychisch kranke Menschen, verfügt über zwei Standorte: 24 Frauen und Männer leben im Haupthaus an der Gracht, jeweils in Vierer-WGs, sechs weitere in zwei Außenwohnungen an der Buggenbeck.

Eröffnet wurde das Josefshaus 1984 in einem denkmalgeschützten Gebäude an der Dimbeck. 2007 erfolgte der Umzug in einen Neubau an der Gracht.