Einen Frosch trägt sie als Anhänger an der Halskette, ihr Ring ist auch krötengrün. Daniela Specht beschäftigt sich nicht nur dienstlich mit Amphibien und Reptilien, die Mitarbeiterin des Umweltamtes mag sie auch. Seit 2014 arbeitet die studierte Biologin bei der Stadt, dort wird sie von allen „unsere Artenschutzbeauftragte“ genannt. Denn immer dann, wenn es darum geht, zu prüfen, ob alle Richtlinien des Artenschutzes eingehalten werden, dann tritt sie auf den Plan. Natürlich hat sie dann mit allen nur möglichen Tierarten zu tun, Eidechsen, Hummeln genauso wie seltenen Vögel oder auch einmal einer Schlange. Heute aber eben ist es eine Schildkröte. Und das freut die Reptilien-Kennerin natürlich besonders.
Genprobe soll Gewissheit bringen
„Das ist ein Männchen“, sagt sie gleich. Specht erkennt es am Brustpanzer, der eine ovale Einbuchtung aufweist. Nach einer kurzen Begutachtung lässt sie das Tier, das ihre ganze Hand ausfüllt, wieder zum Schwimmen in das kleine Bassin gleiten, das hier im Tierheim für die Schildkröte aufgebaut worden ist. Emys orbicularis, eine europäische Sumpfschildkröte - das steht jetzt fest.
Die Exemplare dieser Gattung sind durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Mit ihnen darf nicht gehandelt werden und es besteht generell ein Besitzverbot. Wenn jemand doch eine solche Schildkröte halten würde, müsste dies bei der Stadt gemeldet sein. Ausnahmen gelten etwa für Personen, die ein solches Tier schon besaßen, bevor die Regelung in Kraft getreten ist. Das ist aber hier nicht der Fall, das Tier muss illegal nach Mülheim gekommen sein.
Da ist detektivischer Spürsinn gefragt. Daniela Specht trägt noch einmal alle Fakten zusammen: Die Schildkröte ist von einem Passanten aufgelesen worden. Den gleichen Fall gab es vor zwei Jahren schon einmal, in der gleichen Gegend. Daher ihre Verdacht: Irgendjemand dort hält in seinem Garten diese Tiere. „Wir machen eine Genprobe“, entscheidet Specht. Vor einigen Jahren sei aus dem einzigen Gebiet, in dem die Europäische Sumpfschildkröte in Deutschland lebe, eine Zucht geklaut worden. Die Probe könnte ergeben, ob das Tier aus dieser Gruppe stammt. „Ich habe vor kurzem einen Spezialforscher bei einer Tagung kennengelernt“, sagt Specht. „Der macht so etwas.“ Der nächste Schritt wäre dann, in der betroffenen Gegend einmal intensiver auf Spurensuche zu gehen. Vielleicht kann man so einem Händlerring auf die Schliche kommen.
Gesetzesverschärfung in 2017
Daniela Specht hat die Tierhandel-Szene genau im Blick. Manchmal ist sie sozusagen als verdeckte Ermittlerin unterwegs und besucht Tierbörsen. Auch schon mal in Holland, wo der Markt für exotische Tiere ihrer Meinung nach noch größer als in Deutschland ist. Bei solchen Erkundungstouren ist sie nicht offiziell unterwegs, aber sie findet es wichtig, sich ein Bild davon zu machen, welche Tiere gerade in der Szene besonders gefragt sind. Im Moment liegt der Trend bei Baby-Molchen.
Anders als giftige Schlangen stellen die Molche zwar keine Gefahr für Leib und Leben anderer Menschen dar, aber Daniela Specht hat Bedenken, dass die Halter die exotischen Tiere tatsächlich artgerecht halten.
Im nächsten Jahr wird es wahrscheinlich eine Gesetzesverschärfung geben. Für Specht das richtige Signal. Sie selbst verzichtet auf ein Haustier, weil sie aktuell nicht genug Zeit hätte. „Meine Erfahrung ist, dass viele, wenn das Tier nicht mehr neu ist und langweilig wird, keine Lust mehr haben. Ihnen ist nicht klar, dass sie Verantwortung übernommen haben.“ Irgendwann will aber auch Daniela Specht wieder ein Tier haben. Exotisch wäre ihre Wahl dann auch: eine Gottesanbeterin.