Mülheim. Schnelle E-Bikes dürfen als Kleinkrafträder nicht auf dem Radschnellweg fahren, sondern müssen auf die Straße. Das aber irritiert die Autofahrer.

Was ist eigentlich ein Fahrrad? Diese Frage schien bislang banal. Mittlerweile aber machen die immer beliebter werdenden E-Bikes eine einfache Antwort kompliziert. Dies würde nicht weiter interessieren, wenn es keine Auswirkungen hätte. Immer wieder wird, wie aktuell beim Stadtradeln, zum umweltbewussten Umsatteln vom Auto aufs Fahrrad aufgerufen. Deshalb wird auch der Radschnellweg gebaut, dessen erster Abschnitt (RS1) zwischen Mülheim und Essen sehr beliebt ist. Auf dieser schnellen Verbindung dürfen aber nicht alle E-Bikes fahren, weil manche gar nicht als Fahrrad gelten.

Jeder Radfahrer entlaste die Autobahn, wirbt der Regionalverband Ruhr. Ein Radler wie Michael Kleine-Möllhoff ist damit nicht gemeint. Er radelt jeden Tag vom Duisburger Süden über Mülheim zu seinem Arbeitsplatz nach Essen – pro Strecke 21 Kilometer. Er fährt mit einem S-Pedelec, der Königsklasse unter den E-Bikes. Im Gegensatz zu den konventionellen Rädern endet die elektronische Tretunterstützung nicht schon bei 25, sondern erst bei 45 Stundenkilometern. Das erhöht den schweißfreien Radius deutlich.

„Aber diese Spitzengeschwindigkeit erreicht man nur kurzfristig unter günstigen Bedingungen, wenn man sich nicht völlig verausgaben möchte“, weiß Tim Giesbert, Fraktionschef der Grünen im Mülheimer Stadtrat, der ebenfalls mit einem solchen Rad unterwegs ist. 30 bis 35 geben beide als normale Reisegeschwindigkeit an, ein Tempo also, bei dem Rennradfahrer gut mithalten können.

Problem wurde in Arbeitskreis besprochen

Der Radschnellweg sowie Radwege generell sind für Giesbert und Kleine-Möllhoff im Gegensatz zu Rennradfahrern und den konventionellen E-Bikes aber tabu. Das ärgert sie, und sie halten sie diese Regelung für absurd, kontraproduktiv und unnötig. Eine Nachfrage beim Ministerium bestätigt dieses Verbot, und hier stellt sich heraus, dass die beiden gar kein Fahrrad fahren. S-Pedelecs „zählen zu den Kleinkrafträdern und müssen auf der Straße fahren. Sie können im Kfz-Verkehr ,mitschwimmen’. Radschnellwege sollen dem nichtmotorisierten Verkehr vorbehalten bleiben. Motorroller und S-Pedelecs gehören eindeutig nicht dazu.“

Änderungen könnte der Bundestag beschließen. Eine Novelle der Straßenverkehrsordnung ist tatsächlich in Vorbereitung. Neuerungen gibt es auch für E-Bikes, die künftig mehr Radwege nutzen dürfen. „Die geplanten Änderungen gelten aber ausdrücklich nicht für schnelle Elektrofahrräder“, betont ein Sprecher des Ministeriums. Eine Öffnung der Radwege für S-Pedelecs komme aus Verkehrssicherheitsgründen nicht in Frage.

Das Problem sei auch im Arbeitskreis der beteiligten Städte des RS1 besprochen worden, sagt Helmut Voß, Mülheims Fahrradbeauftragter, wobei die einhellige Meinung geherrscht habe, dass ein Ausschluss der S-Pedelcs richtig sei, „auch wenn es gute Argumente für eine andere Sicht gibt“. Andernfalls könne man keine anderen motorisierten Fahrzeuge wie Mofas von dem Radweg fernhalten.

Ein Tempolimit wäre sinnvoller

Aus der Praxis hat Kleine-Möllhoff eine andere Sicht. Als er vorschriftsmäßig auf der Straße fuhr, sei er häufig angehupt, beschimpft, geschnitten und zwei Mal von einem Auto sogar angerempelt worden. „Meine Gesundheit ist mir wichtiger, als mich an Regeln zu halten“, erzählt er Das Nummernschild hat er inzwischen abmontiert, nutzt die Rheinische Bahntrasse, nimmt Rücksicht, fährt vorsichtig und vorausschauend, riskiert so aber ein Ordnungsgeld.

„Ich bin an einer regelkonformen Lösung interessiert“, sagt Giesbert. Man solle doch ein Tempolimit einführen. Das wäre sinnvoller, denn daran müssten sich auch Rennradfahrer halten.