Styrum. .

Gerüchte machten seit Monaten die Runde und im Rahmen einer Unterschriften-Aktion wurde offen die Sorge geäußert: Verlässt ein weiterer Hausarzt den nördlichen Stadtteil, wo es ohnehin an Medizinern mangelt? Dabei ging es den Internisten Dr. Stefan Kerber von der Oberhausener Straße. Doch der Arzt bleibt in Styrum, wie er im Gespräch mit dieser Zeitung versichert. Er wechselt allerdings den Standort im Stadtteil.

Kerber wird ab dem 1. Oktober in die bestehende Doppelpraxis der Mediziner Anna und Udo Pfannkuch an der Alvenslebenstraße wechseln. Sie bilden quasi eine Art Bürogemeinschaft. Die Praxis, so Kerber, werde um- und ausgebaut, behindertengerecht ausgestattet. „Die Patienten können beruhigt sein, es bleiben vier Hausärzte in Styrum.“

Üppig ist die Versorgung damit nicht, im Gegenteil. Die vier Hausärzte in Styrum versorgen knapp 16 000 Einwohner im Stadtteil, der von den Einwohnern gesehen der jüngste von Mülheim ist. Kerber wünschte sich mehr Flexibilität bei der Ärzteniederlassung, um den hohen Druck auch auf die Mediziner in Stadtteilen wie Styrum zu reduzieren. Schon in der Vergangenheit hatte Kerber versucht, eine Kooperation mit Kollegen im Stadtteil einzugehen, um die Arbeitsbelastung besser zu verteilen und zu bewältigen. Doch es klappte bisher nicht.

Es sei eine Arbeit wie im Hamsterrad, rund 1200 Patienten versorgt er derzeit als Einzelkämpfer. Selbst krank werden darf sich ein Mediziner in solchen Gebieten nicht leisten. „Es darf einem nichts passieren, schon gar nicht, wenn auch noch Urlaubsvertretung erfolgt.“ In seiner Praxis hat Kerber zwar einen Hinweis hängen, dass weitere Patienten derzeit nicht mehr aufgenommen werden – „aber letztlich schicken wir hier keinen weg.“

Außerhalb des Ruhrgebietes gilt die Hausarztversorgung als bedarfsgerecht, wenn es im Schnitt einen Hausarzt für 1671 Einwohner gibt. Im Ruhrgebiet, das als Sondergebiet gilt, müssen 2134 Einwohner mit einem Hausarzt auskommen – in Styrum an die 4000. „Das ist nicht ok so“, betont Kerber. „Die Misere muss man am eigenen Körper austragen.“ Er spricht auch von einer Ethik-Falle: Auf der einen Seite die Menge an Patienten, die zu bewältigen ist, wo man jedem auch gerecht werden will, und auf der anderen Seite die Bedingungen, wie sie sind.

In Styrum hatten Bürger mit fast 400 Unterschriften, die sie an den Bezirksbürgermeister überreicht haben, nicht nur über diesen Versorgungsengpass geklagt, sondern damit auch die Forderung verbunden, dass die Politik sich für Besserung einsetzt. Vor Ort sind die Möglichkeiten dazu jedoch begrenzt, auch wenn das Problem längst erkannt ist und in Ausschüssen thematisiert wird. Die Weichen werden in Berlin gestellt.

Problem könnte sich verschärfen

Kerber fürchtet, dass sich das Problem in Zukunft verschärfen könnte. Wenn die jetzige Generation der Hausärzte in Styrum in Ruhestand gehe, könnte es vielleicht keinen einzigen mehr vor Ort geben. Dann bliebe für viele Patienten nur die Fahrt in die Innenstadt zu einem Arzt, was Gesundheitspolitiker und Standesvertreter durchaus für zumutbar halten.

Die jüngere Ärztegeneration, glaubt Kerber, setze andere Prioritäten, was Arbeitszeiten, Arbeitseinsatz und Einkommen angehe. Hinzu komme: Die Medizin werde weiblicher. Immer mehr Frauen drängen in den Beruf und wollen aber auch Familie und Freizeit damit vereinbaren.