Über dem Eingang der Fatih-Moschee im Hinterhof an der Sandstraße hängt ein großes zweisprachiges Banner: „Hoşgildiniz - herzlich Willkommen“. Die Ditib-Gemeinde hat hier jetzt auch etwas zu feiern, denn nach 13 langen Jahren ist endlich der Umbau des ehemaligen Industriegebäudes in eine Moschee vollendet und soll das Haus am 5. Juni, am Vorabend des Ramadan, feierlich eröffnet werden. Da der Baufortschritt in Abhängigkeit von der Spendenbereitschaft der 450 Mitgliederfamilen voranging, hat es lange gedauert. Öffentliche Mittel gab oder Zuschüsse gab es nicht. Gebetet wurde dann im Provisorium direkt hinter der Plane, die die Baustelle kaschiert.

Alles in Handarbeit

Der Strich unter die Kostenabrechnung ist noch nicht gezogen, Vorstandsmitglied Bilal Abdullah geht davon aus, dass die Millionengrenze überschritten worden ist. Gelohnt hat es sich, wenn man einen Blick in die prachtvoll gestalteten Gebetsräume wirft, wo Allah auf zwei Ebenen, streng nach Geschlechtern getrennt gepriesen wird. „Die Malerei ist alles Handarbeit“, versichert der 38-jährige, der als 13-jähriger Junge nach Deutschland kam. Maler aus Albanien hätten tagelang auf dem Gerüst gestanden und in mühsamer Kleinarbeit die filigranen Ornamente und die schwungvolle Kaligraphie ausgeführt.

Die farbigen Fenster an der Kuppel, die mit einem Durchmesser von sechs Metern den Gebetsraum überwölbt, sorgt auch bei kräftigem Sonnenschein für ein warmes gedämpftes Licht, so als würde draußen gerade die Sonne untergehen. Wer sich den Leuchter genau anschaut, sieht, dass selbst auch das Metall mit einer Kaligraphie aus dem Koran versehen ist.

Kuppel und Empore sind auch statische Herausforderungen für den Architekten. Den musste die Gemeinde während der langen Bauphase wechseln, was Geld und Zeit kostete. Fertig geplant hat die Moschee schließlich der Essener Architekt Oylar Saguner, der auch die große Moschee in Essen-Altendorf entworfen hat, ansonsten hat der 69-Jährige aber ganz andere Tempel entworfen: Einkaufszentren wie etwa das Centro, an dessen Planung er beteiligt war.

Moscheen sind aber mehr als religiöse Zentren, sie sind soziale Treffpunkte. Zur Champions League oder zum heutigen Pokalfinale treffen sich schon mal mehrere Hundert vor der Großleinwand, um ihre Mannschaft anzufeuern, erzählt Abdullah und führt in einen 300 Quadratmeter großen, lichtdurchfluteten Raum. „Unser Jugendzentrum“,sagt er stolz. Kicker, Tischtennisplatte, Dartscheibe und natürlich eine Playstation, vor der es sich einige Jugendliche bequem gemacht haben, stehen hier bereit. An einem Tresen gibt es Getränke und Snacks.

Die Fatih-Moschee ist die größte der insgesamt acht Moscheen in Mülheim. Wie viele Muslime in der Stadt leben, weiß man nicht. Nasibe Arikan, stellvertretende Vorsitzende der Ditib-Gemeinde, geht von etwa 9000 aus - ohne die Flüchtlinge, die im vergangenen Jahr gekommen sind. Die 26-jährige gebürtige Mülheimerin ist neu im Vorstand, nachdem festgelegt wurde, dass dem Gremium eine Frau angehören muss. Sie studiert an der HRW Finanzmanagement und arbeitet als Controllerin. „Mit der Zeit ändert sich auch die Rolle der Frau im Islam“, sagt sie zuversichtlich.

Zu den Freitagsgebeten füllen sich beide Ebenen mit 1500 bis 1800 Muslimen. An orientalische Pracht vergangener Zeiten erinnert der Ort der rituellen Waschungen vor dem Gebet. „Bitte verschwenden sie kein Wasser“, steht hier auf türkisch unter dem Wasserhahn.

Im Treppenhaus zu den Gebetsräumen säumen Kaligraphien die Wand. Es sind die Namen der Propheten. Ganz oben, am Eingang prangt der Name Mohameds an der Wand. Schuhe aus und durch eine attraktive hölzerne Tür betritt man dann den, mit Teppichen aus der Türkei ausgelegten Gebetsraum der Männer. Abdullah zeigt aus dem Fenster auf ein benachbartes Gebäude im Innenhof. Lange befand sich dort ein Fitness-Studio. „Wir wollen dort jetzt Nachhilfe für Schüler anbieten“, erzählt er.

Ein weiteres Zukunftsprojekt ist eine kleine Kita mit zwei Erzieherinnen. Der Raum ist schon eingerichtet. Als Zentralmoschee ist das Haus aber auch so etwas wie ein Beerdigungsinstitut. Im Keller werden die Toten gewaschen und aufgebahrt, bis sie entweder in die Türkei zur letzten Ruhe überführt oder in Broich begraben werden.