Das deutsche Sportabzeichen hat nichts von seiner Beliebtheit verloren. Voraussetzung für viele Ausbildungen. Die WAZ war bei einer Abnahme dabei.

Das deutsche Sportabzeichen hat in den vergangenen Jahren eine echte Renaissance erfahren. Mehrmals in der Woche finden in Mülheim offizielle Abnahmen statt. Die WAZ war bei einer solchen Einheit dabei.

Werner Lawicki und Reinhard Haberkamp („Bitte mit ,b’, Haferkamp war der vom Tatort“) sind zwei alte Hasen. Das ist nicht despektierlich gemeint, aber die beiden Trainer des TSV Viktoria nehmen schon seit vielen Jahren Sportabzeichen ab. Und zwar ganzjährig. „Wir fangen im Januar an und sind dann jeden Dienstag hier am Kahlenberg“, erklärt Lawicki.

Regelmäßiges Training von Vorteil

Warum ist das Abzeichen noch immer so gefragt? „Viele junge Leute brauchen es eben für die Ausbildung, vor allem bei der Polizei“, erklärt der Coach. Der Mülheimer Sportbund (MSB) hat den TSV als offizielle Abnahmestelle in seinen Broschüren und auf seiner Internetseite gelistet. Und jeder kann spontan zum Training kommen? Theoretisch ja. „Viele überschätzen sich aber“, weiß Lawicki. „Wer nicht regelmäßig im Training ist, hat keine Chance auf Gold“, sagt Klaus Stockamp, der sich beim MSB seit Jahren dem Thema Sportabzeichen verschrieben hat. „Da muss man die Leute erst mal ein bisschen moralisch niedermachen“, sagt Reinhardt Haberkamp und lacht.

Leuten, die nicht regelmäßig Sport treiben, raten die beiden Übungsleiter, zunächst einmal an den dienstäglichen Trainingseinheiten teilzunehmen, ehe sie die offizielle Abnahme absolvieren. „Aber gerade bei den jungen Leuten herrscht oft ein bisschen Zeitnot“, weiß Werner Lawicki aus Erfahrung. „Die melden sich dann bei uns und brauchen bis morgen das Abzeichen.“ Ganz so schnell geht es dann aber doch nicht. Denn die Prüfer müssen die Daten zuerst an den MSB übergeben, welcher dann die Urkunden ausstellen kann.

Diesmal haben es Lawicki und Haberkamp mit drei jungen Sportlern zu tun. Philipp Anhalt (18), Niels Buttke (18) und Marvin Kraemer (19) benötigen das Sportabzeichen – Überraschung – für ihre Bewerbung zur Polizei-Ausbildung. Bis Juni muss das Trio bestanden haben.

Die beiden Trainer schicken ihre drei Schützlinge erst einmal zum Aufwärmen, ehe es ohne Umschweife auf die 3000-Meter-Distanz geht. Der Lauf gehört zur Kategorie „Ausdauer“. Stattdessen hätten die jungen Männer auch die 10-Kilometer-Distanz, einen Geländelauf, Walking, Schwimmen oder Radfahren wählen können. Aus jeder der vier Kategorien Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination müssen die Absolventen mindestens eine Disziplin wählen. Wahlweise auch mehrere, wovon schließlich aber nur die beste Leistung gewertet wird.

Die Mittelstrecke absolvieren Philipp und Niels in der für die Goldmedaille nötigen Zeit, anschließend feuern sie ihren Mitstreiter Marvin an, der Silber schafft. Dafür ist er von den Dreien der Beste im Kugelstoßen. 8,99 Meter schafft er. „Jetzt möchte ich auch die neun Meter.“ Ein Auge zudrücken wollen die Trainer freilich nicht. „Das ist eine amtliche Sache, da wird nicht geschummelt“, betont Lawicki. Im nächsten Versuch landet die Kugel bei 9,09 Metern. Stark! Als Alternative dürfen sich die Jungs im Bereich „Kraft“ noch am Wurf mit dem Medizinball probieren. Die Kategorie „Schnelligkeit“ werden sie beim Schwimmen im Südbad nachholen. Die Schwimmmeister sind befugt, diese Prüfungen abzunehmen.

Gerätturnen ist etwas für Könner

Im Bereich Koordination tun sich Nicht-Leichtathleten beim Hoch- und Weitsprung schwer. Auch Gerätturnen ist nur etwas für Könner. Stattdessen schlägt Lawicki den Schleuderball vor. Der gehört nicht etwa zur Kategorie Kraft, sondern zur Koordination, weil die Schwierigkeit darin besteht, den Ball genau zum richtigen Zeitpunkt loszulassen. „Eigentlich muss es ein 45-Grad-Winkel sein“, hat Marvin Kraemer schnell herausgefunden.

Mathe können sie also auch noch. Dann kann die Ausbildung ja kommen.