Als Taxifahrer muss Axel Dupont auch seelsorgerische Qualitäten beweisen und nicht nur offene Augen für den Straßenverkehr, sondern auch offene Ohren für seine Fahrgäste haben

6 Uhr in Mülheim. Axel Dupont ist schon eine Stunde auf den Beinen und wartet mit seinem Taxi am Hinterausgang des Forums und des Hotels Best Western.

„An einem Morgen wollte mein erster Fahrgast gleich zum Flughafen Düsseldorf gebracht werden. Kaum war ich aus Düsseldorf zurück, stieg auch schon der nächste Hotel-Gast ein und wollte auch zum Flughafen nach Düsseldorf gebracht werden. Da hatte ich mit zwei Fahrten schon fast meinen Tagesumsatz geschafft“, erzählt der 53-Jährige von einem seiner erfolgreichsten Arbeitstage.

Wie ein Sechser im Lotto

Gerne erinnert er sich auch an einen Patienten aus Sachsen-Anhalt, der sich nach einer Behandlung im Evangelischen Krankenhaus von dem zweifachen Familienvater nach Hause bringen ließ. „Solche Fahrten sind wie ein Sechser im Lotto. So was erlebt man leider nicht jeden Tag“, sagt Dupont. Dieser Arbeitstag lässt sich eher ruhig an. Zeit für einen Blick in die Tagezeitung und einen Schluck Kaffee aus der Thermoskanne. Doch dann piept es bei Dupont und das ist ein gutes Zeichen für den Taxifahrer. Denn der Piepton aus einem Minicomputer an seinem Amaturenbrett zeigt ihm an: Kundschaft wartet. In diesem Fall ist es eine Dame, die sich vom Eichenberg nach Saarn bringen lässt, wo sie arbeitet. Hat sie vielleicht verschlafen und es deshalb besonders eilig, um noch rechtzeitig zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen? Reine Spekulation. Der Taxifahrer fragt nicht. Er fährt.

Nach der Rückkehr zum Taxenstand am Forum heißt es erst mal wieder warten. Als Taxifahrer kann man nichts erzwingen und muss Geduld haben. Zeit für ein Bütterchen und einen kurzen Plausch mit dem Kollegen Horst.

So lange, bis es wieder piept. Der nächste Fahrgast. Eine alte Dame aus Dümpten muss in die geriatrische Tagesklinik des Evangelischen Krankenhauses gebracht werden. „Keine Angst. Sie kommen nicht in den Playboy. Der junge Mann auf dem Rücksitz kommt von der NRZ“, stellt Dupont seinen Begleiter vor. „Ich weiß gar nicht, was ich da soll. Blut abnehmen, Kaffee trinken, Gymnastik und mit Bällchen spielen. Das bringt doch nichts“, erzählt die alte Dame mit Blick auf ihr Ziel. Der Taxifahrer hört sich ihre Geschichte geduldig an und weist sie freundlich darauf hin, dass ihre der Besuch in der Tagesklinik doch auch soziale Kontakte und Gespräche mit anderen Senioren ermögliche. Ein guter Taxifahrer muss nicht nur geduldig, sondern auch einfühlsam und kommunikativ sein.

Die meisten seiner Stadtfahrten, die immer wieder von längeren Wartepausen am Forum unterbrochen werden, sind an diesem Tag Patientenfahrten. Dupont hört sich nicht nur an diesem Tag viele Kranken- und Lebensgeschichten an. „Viele alte Menschen leben allein und sind froh, wenn sie ihr Herz mal ausschütten können.“

Zu ihnen zählt auch eine ältere Dame, die zu Duponts Stammgästen gehört, weil sie regelmäßig zur Dialyse gefahren werden muss. Der Gesprächston zwischen den Beiden ist vertraut und freundschaftlich. Dupont holt die auf einen Rollator angewiesene Seniorin an der Haustür ab, führt sie bis zum Wagen, wo er ihr die Türe aufhält, bis sie langsam, aber sicher eingestiegen ist und sich mit seiner Hilfe anschnallt. Dupont kennt ihre Krankengeschichte, weiß, dass ihr öfter die Beine wegsacken. Das Trinkgeld am Ende der Fahrt fällt großzügig aus. „Für den Ärger, den Sie vielleicht noch mit mir haben werden“, sagt die alte Dame mit einem Hauch von Galgenhumor, als sie aussteigt.

Auch eine alte Dame, die sich nach dem Einkauf und einem Friseurbesuch im Forum nach Hause bringen lässt, weiß Duponts Service zu schätzen. Er hilft ihr beim Aussteigen und trägt ihr die schweren Einkaufstaschen durch den Regen bis zur Wohnungstür.

„Heute fahren vor allem ältere und alte Menschen mit dem Taxis. Junge Fahrgäste sind ganz selten“, erzählt Dupont. Doch an diesem Tag muss er nicht nur eine Seniorin, sondern auch einen jungen Mann im Rollstuhl vom Arzt ins Altenheim beziehungsweise vom Evangelischen Krankenhaus nach Hause fahren. Duponts Chef Klaus Dieter Fleskes hat schon vor Jahren viel Geld in die Hand genommen, um seine Fahrzeuge für den Rollator- und Rollstuhltransport umzurüsten. Über eine Rampe kann man auch von hinten in das Fahrzeug rollen und sich durch drei Spezialgurte sichern. Das zahlt sich in Zeiten des demografischen Wandels aus.

Jeder Fahrgast hat seine Geschichte

Der junge Mann aus Saarn ist seit einem Autounfall querschnittsgelähmt und hat durch eine Diabetes-Erkrankung ein Bein verloren. Das sind Lebensschicksale, die Dupont auch mit in den Feierabend nimmt, wenn er sich zu Hause in Styrum auf seiner Couch entspannt. „Taxifahrern geht es wie Friseuren. Sie hören viel und müssen sich immer wieder auf neue Menschen und ihre Geschichte einstellen.“

Apropos Mensch. Auch an skurrile Fahrgäste kann sich der Ex-Mannesmann, der seit drei Jahren Taxi fährt, erinnern, zum Beispiel den Mann, den Dupont, mit einer Dauererktion zum Urologen bringen musste, weil der Fahrgast gleich mehrere Viagra-Pillen eingeworfen hatte. Manchmal sind Duponts Arbeitstage am Steuer eben auch filmreif.