Mülheim. . Zivilfahndern der Bundespolizei gelingen immer wieder Festnahmen auf frischer Tat auf der Strecke Düsseldorf – Dortmund. Täter sind mobil und spezialisiert
Eine junge Frau wird auf dem Bahnsteig von einem Täter abgelenkt, der andere stiehlt den Rucksack – Gesamtwert 720 €. Die 25-Jährige hatte Glück: Zivilfahnder der Bundespolizei hatten das Täterduo im Auge, schnappten den Dieb und konnten der Bestohlenen ihr Eigentum schnell zurückgeben.
Das geschah Donnerstagabend in Essen, hätte aber ebenso in Mülheim passieren können. Denn auf der Strecke zwischen Düsseldorf und Dortmund/Hamm, auf der der Mülheimer Hauptbahnhof liegt, geschieht besonders viel, weiß Jürgen Karlisch, Pressesprecher der auch für Mülheim zuständigen Bundespolizeiinspektion in Dortmund. Nicht selten gelingt den in Zivil mitreisenden Beamten die Festnahme im Zug, weil sie die Täter auf frischer Tat ertappen.
Während das Phänomen des „Antanzens“ zumeist an Bahnhöfen und Vorplätzen sehr schnell geschieht – mehrere Täter umringen ihr Opfer, nähern sich in vermeintlich unbeschwerter Stimmung, suchen Körperkontakt, lenken das Opfer ab und einer der Täter greift sich Handy oder Börse – nehmen sich Täter im Zug viel Zeit und treten auch nicht geballt als Gruppe auf, so Karlisch. Täter suchen ihre Opfer gezielt aus, warten oft so lange, bis ein übermüdeter oder angetrunkener Fahrgast eingeschlafen ist, um ihn zu beklauen. Sie nehmen das Handy weg, so dass beim Aufwachen nur noch Ohrstöpsel da sind, klauen ganze Taschen oder Rucksäcke, die unbeobachtet sind. „Dann greife ich als Täter kurz vor dem Halt in Mülheim zu, und gucke, dass ich aus dem Zug kann“, so Karlisch. Wenn der Bestohlene den Diebstahl realisiert, ist der Zug schon weitergefahren, und der Täter kann sich erst mal sicher fühlen.
Seit etwa eineinhalb, zwei Jahren beobachtet die Bundespolizei diese gleiche Vorgehensweise bei Tätern, die häufig aus nordafrikanischen Ländern stammen, arbeitsteilig arbeiten und den Diebstahl „gewerbemäßig“ praktizieren: Sie leben davon. Entsprechend spezialisiert sind sie: Karlisch weiß von Fällen, wo sich Diebe schon beim Kauf einer Fahrkarte an die Fersen des späteren Opfer heften und auf eine Gelegenheit warten. Wo die Geldbörse verstaut wurde, wissen sie ja nun genau. Auch das Abholen von Geld an Automaten in Bahnhofsnähe wird oft beobachtet. „Täter nutzen den Schienenverkehr für ihre Beutezüge“, so der Polizist.
Sie schlagen im ICE, im Regionalexpress oder in der S-Bahn zu. „Und sie konzentrieren sich auf Opfer, bei denen das Risiko, erwischt zu werden, gering ist.“
Der beste Schutz der Fahrgäste, so Jürgen Karlisch, sei Aufmerksamkeit und die Solidarität untereinander. Nicht ganz allein in einem Abteil bleiben, rät er, sondern zusehen, dass andere Reisende in der Nähe sind, die man etwa beim Gang auf die Toilette bitten kann, aufs Gepäck zu achten. Übrigens: Wenn der Zug gerade erst aus dem Bahnhof rollt, ist die Chance, beklaut zu werden, geringer, als wenn er gerade anhält, so Karlisch: „Täter schlagen zu, wenn sie den Zug schnell verlassen können. Im Zug können sie ja nicht weglaufen.“