Mülheim.. Wikipedia feiert 15. Geburtstag - Abschreiben war nie einfacher. Ein Lehrer erklärt, warum Neue Medien sinnvoll für den Unterricht sein können.

Das Internet-Lexikon Wikipedia feiert 15. Geburtstag. Gründer Jimmy Wales wollte damit „eine frei lizenzierte und hochwertige Enzyklopädie schaffen und lexikalisches Wissen verbreiten“. Woher ich das weiß? Von Wikipedia natürlich. Heute wird das kollektive Netz-Wissen selbstverständlich zur Recherche genutzt – Abschreiben war nie einfacher. Aber wie hat sich das auf den Schulunterricht ausgewirkt? Ralf Schütz (53), Lehrer für Geschichte und Latein an der Otto-Pankok-Schule, erklärt, wie Wikipedia, Google und Co. den Unterricht verändert haben.

Wenn Sie sich an Ihre eigene Schulzeit erinnern: Wie haben Sie sich auf Referate vorbereitet?

Ralf Schütz: Ich habe eine Essener Schule besucht, die eng mit der Universität zusammen gearbeitet hat. Ab Klasse 11 waren wir also Mitglied der Universitätsbibliothek. Dort habe ich alles, was ich wissen wollte, in Büchern nachgeschlagen.

Und wie bereiten sich Ihre Schüler heute auf Referate vor?

Schütz: Für die Sachrecherche gehen die Schüler ins Internet – auf Google oder Wikipedia – und holen sich dort die Informationen. Meist vertrauen sie darauf, dass diese Infos richtig sind. Für Schüler ist es ohne entsprechendes Vorwissen schwierig zu unterscheiden, was wahr ist und was man hinterfragen sollte. Als Lehrer bin ich die mahnende Stimme im Hintergrund, die sagt, dass nicht immer alles richtig ist, was dort steht. Zentraler Punkt ist eben, Informationen aus dem Internet stets zu hinterfragen. Daher setzen wir mit der Medienerziehung und -bildung früh an.

Wie sieht diese aus?

Schütz: Das fängt mit Projekten zur Internetsicherheit in Klasse 5 an und geht weiter mit Expertenreferaten in Klasse 6, bei denen wir Fachleute zu unterschiedlichen Themen in die Klassenzimmer holen. Die Medienbildung zieht sich weiter bis in die Oberstufe. Denn vor allem die älteren Schüler nutzen häufig das Internet zum wissenschaftlichen Arbeiten.

Welchen Einfluss nimmt Wikipedia auf den Unterricht?

Schütz: Für die reine Sachrecherche ist Wikipedia mittlerweile eine feste Institution. Über den Stammbaum mit Links und Literaturhinweisen bekommen die Schüler sinnvolle Hinweise für ihre weitere Recherche. Als Quellenangabe reicht Wikipedia in Facharbeiten oder Referaten natürlich nicht aus. Das ist nicht anders als damals: Ich habe als Schüler auch nicht ausschließlich auf den Brockhaus verwiesen.

Wie nutzen Sie solche Neuen Medien im Unterricht?

Schütz: Ich gebe gerne Linktipps oder empfehle Lernvideos im Internet. Schließlich kann ich mit meiner Art des Unterrichts nicht immer alle Schüler gleich gut erreichen. Solche Lernvideos können eine sinnvolle Ergänzung sein oder einfach besser das Interesse für einen Sachverhalt wecken. Viele Kollegen erlauben auch, für die Recherche Smartphones zu verwenden oder empfehlen Lernsoftware – etwa für Mathematik. Mit dieser können ehemalige Abituraufgaben mit Lösungen abgerufen werden.

Apropos Lösungen: Das Spicken, Kopieren und Einfügen ist dank des Internets nie einfacher gewesen...

Schütz: Es gibt immer mal wieder Schüler, die mit ‘Kopieren/Einfügen“ arbeiten – aber das ist nicht die Mehrheit. Die meisten wissen, dass wir es merken, wenn sie aus dem Internet kopieren und das dann sanktionieren. Ich habe eine Software, mit der ich die Schülerarbeiten prüfen und Plagiate erkennen kann.

Sind Wikipedia, Google und Co. eine Bereicherung oder Behinderung für den Unterricht?

Schütz: Sofern man reflektiert damit umgeht, sind Formate wie Wikipedia, Google oder Youtube eine Bereicherung für den Unterricht. Schließlich ersetzt das Internet, was Schule nicht leisten kann: Eine große Rolle spielen zum Beispiel Youtube-Tutorials, kurze Video-Clips, in denen bestimmte Sachverhalte erklärt werden – etwa physikalische Experimente, die wir in den Räumen nicht durchführen können. Im Sport mussten früher Bewegungsabläufe auf Flipcharts aufgezeichnet werden. Heute wird das anschaulich in solchen Filmen erklärt.

Wird das Klassenzimmer der Zukunft immer digitaler?

Schütz: Ja, z.B. mit dem digitalen Schulbuch: Auf einem Tablet sind alle Lernbücher abrufbar, durch Antippen lassen sich Zusätze heranholen, so dass man alles auf einer Seite hat. In unserer Schule prüfen wir zudem die Möglichkeit, freies Wlan einzurichten.