Der Evangelische Kirchenkreis An der Ruhr verliert mehr als jedes zehnte seiner Schäfchen – und damit für die mittelfristige Zukunft auch ein gutes Stück seiner finanziellen Basis: Mit dem neuen Jahr verabschiedet sich die Gemeinde Kettwig aus dem Kirchenkreis. Rund 6200 Gemeindeglieder gehen mit. Im Mülheimer Verbund verbleiben rund 47 700 Protestantinnen und Protestanten.

Mit dem Wechsel der Kettwiger Gemeinde in den Kirchenkreis Essen zum 1. Januar werden entsprechende Beschlüsse der Kreissynoden Essen und An der Ruhr aus dem Herbst 2014 umgesetzt. Der Kirchenkreis An der Ruhr umfasst nun nur noch sieben Kirchengemeinden, die allesamt auf Mülheimer Stadtgebiet liegen: die Gemeinden Broich-Saarn und Speldorf im Bereich links der Ruhr sowie die Vereinte Evangelische Kirchengemeinde und die Gemeinden Markus, Lukas und Heißen auf der anderen Ruhrseite. Hinzu kommt die Anstaltskirchengemeinde bei der Theodor Fliedner-Stiftung.

Die Kettwiger Gemeinde selbst hatte den Kirchenkreiswechsel beantragt. Umfangreiche Beratungen seien vorausgegangen, hieß es aktuell noch einmal aus dem hiesigen Kirchenkreis. „Zur finanziellen Abfederung der Kirchensteuermindereinnahmen wird der Kirchenkreis Essen fünf Jahre lang Ausgleichszahlungen an den Kirchenkreis An der Ruhr leisten“, jedes Jahr fließen so 180 000 Euro nach Mülheim.

Diese Summe, so Superintendent Helmut Hitzbleck auf Nachfrage dieser Zeitung, entspreche „ungefähr dem Verlust an Kirchensteuereinnahmen“. So sei die Finanzierung der übergemeindlichen Einrichtungen im Kirchenkreis und die Kirchenkreis-Verwaltung bis einschließlich 2020 gesichert.

Bis zum Jahr 2021, wenn Essen keine Kompensationszahlungen mehr für den Gemeindewechsel von Kettwig leistet, muss sich der Kirchenkreis An der Ruhr laut Hitzbleck „darauf eingestellt haben oder Konsequenzen ziehen“. Neue Einspardiskussionen dürften ins Haus stehen, nachdem schon die vergangenen Jahre davon geprägt waren – Streitpunkt innerhalb des Kirchenkreises war dabei stets der Ausgleich der Interessen von zentral organisierten Einheiten und der Gemeindearbeit vor Ort.

Der Verteilungsschlüssel für eben jene Finanzaufteilung soll laut Hitzbleck, wie verabredet, schon in diesem Frühjahr auf den Prüfstand gestellt werden. Immerhin: Aktuell sprudeln die Kirchensteuern so kräftig wie in den vergangenen zehn Jahren nicht. „Wenn der Verteilungsschlüssel so bleibt wie bisher“, sagt der Superintendent, „ist keine Einrichtung gefährdet“.

Einige Straßenzüge der Gemeinde Kettwig, die kommunal zu Mülheim gehören – rund um den Stadtteil Ickten – verbleiben übrigens auch nach dem Wechsel im Kirchenkreis An der Ruhr. Dessen Gebiet ist dann nahezu identisch mit dem Mülheimer Stadtgebiet. Betroffenen Gemeindegliedern steht es laut Kirchenkreis frei, einen Antrag auf Umgemeindung zu stellen.