Mülheim. Der diesjährige Hertie-Preis für Engagement und Selbsthilfe ging ans Berufskolleg Stadtmitte.
Vanessa Janssen und Pia Häde waren zwei von insgesamt 28 Schülern, die am Montag im Medienhaus stolz den Hertie-Preis für Engagement und Selbsthilfe 2015 entgegennahmen. Mit 5000 Euro ist er dotiert – und er soll den Schülern der Höheren Berufsfachschule für das Sozial- und Gesundheitswesen sagen: Das, was Ihr da am Berufskolleg Stadtmitte zum Thema Demenz macht, ist wegweisend!
„Wir müssen lernen, Menschen mit Demenz zu verstehen – und Ihr Projekt fördert eben dieses Verständnis“, lobte etwa Barbara Steffens, NRW-Ministerin für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter. Dr. Eva Koch von der Hertie-Stiftung hob die Bedeutung von Projekten hervor, „die die Gesellschaft darauf vorbereiten, was auf uns zukommen wird und zum Teil schon sehr präsent ist“. Man hoffe mit der Verleihung des Preises genau solche Projekte fördern und auszubauen zu können, darüber hinaus Wissen zu mehren und Aufmerksamkeit zu schaffen für das häufig angstbesetzte Thema. Mitgefühl für betroffene Menschen: „Vor allem darauf kommt es an.“
Dieses Mitgefühl haben die 17- bis 20-jährigen Jugendlichen längst entwickelt. Davon konnte sich jeder überzeugen, der Vanessa Janssen (19), die zum ersten Jahrgang gehörte und heute eine Ausbildung macht, sowie Pia Häde (17), die aktuell in der Projektklasse steckt, zuhörte. Die beiden erzählten – stellvertretend für ihre Klassen – von intensiven Begegnungen im Engelbertusstift, in Einrichtungen der „Pflegepartner“ sowie den Häusern Ruhrgarten und Ruhrblick.
Einmal wöchentlich verbringen sie einen Nachmittag mit den Kranken, singen gemeinsam, lesen Märchen vor, backen, gehen spazieren. . . „Und auch, wenn sie häufig das Gleiche erzählen, ist es immer toll mit ihnen“, so Vanessa Janssen. Amüsant fand sie vor allem den Tanz im Schloß Broich, wohin sie die Demenzkranken begleitet hatten. „Das war zwar nicht so unsere Musik – aber da kamen Emotionen hoch.“ Die Kontakte hätten sie und die Klassenkameraden „wirklich weitergebracht“. Für Pia Häde war es toll zu erleben, „wie manche erst tatterich im Sessel saßen und auf nichts Lust hatten – und dann ganz froh waren“.
Das schon mehrfach ausgezeichnete Projekt, zu dem laut Lehrerin Dorothee Streier-Laufs (56) auch Unterricht mit Info zum Krankheitsbild, zu Therapieansätzen, Präventionsmöglichkeiten u.a. gehört, läuft in enger Kooperation mit der Alzheimer Gesellschaft Mülheim. Deren Vorsitzende, Annette Sommerhoff (52), freute sich gestern über eine „engagierte und bereichernde Zusammenarbeit“ und über den Mut der Schüler, sich dem Thema zu stellen. Der Preis kommt zur Hälfte den vier beteiligten Einrichtungen zugute. Mit der anderen Hälfte wollen Schüler mit dem Stadtarchiv ein Spiel für Demenzkranke entwickeln.
Eine der größten privaten Stiftungen
Mit dem Hertie-Preis für Engagement und Selbsthilfe würdigt die gemeinnützige Hertie-Stiftung Aktionen von Einzelpersonen oder Gruppen zugunsten neurodegenerativ Erkrankter. Die Aktivitäten sollen kreativ, ungewöhnlich oder durch einen Zusammenschluss unterschiedlicher Menschen geprägt sein.
Die Hertie-Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main wurde 1974 gegründet und baut auf dem Lebenswerk des 1972 verstorbenen Stifters Georg Karg, Inhaber der Hertie Waren und Kaufhaus GmbH, auf. Mit einem Vermögen von 1 Milliarde Euro zählt sie laut Homepage zu den größten privaten Stiftungen Deutschlands.