Mülheim. . Die städtische Beteiligungsholding will ihrem Aufsichtsrat über den Korruptionsverdachtsfall Rinas berichten. Wegen seiner Verbindungen zu Beschuldigten will sie Peter Beitz (FDP) ausschließen.
Schon 2014 hatte es gerappelt im Streit um die Aushändigung eines Sitzungsprotokolls. Nun will die Beteiligungsholding (BHM) über ihren Aufsichtsratsvorsitzenden Claus Schindler (SPD) den Aufsichtsrat Peter Beitz (FDP) wegen unterstellter Interessenkollision von der nächsten Sitzung des Kontrollgremiums ausschließen, wenn wohl BHM-Chef Dr. Hendrik Dönnebrink oder eingeschaltete Rechtsanwälte über den aktuellen Sachstand zum Korruptionsverdachtsfall rund um den ehemaligen Chef der städtischen Seniorendienste, Heinz Rinas, berichten werden.
Dieser Zeitung liegt ein Schreiben Schindlers an Beitz und die Mitglieder des Aufsichtsrates vor, in dem die Kanzlei Kümmerlein begründet, warum Beitz am 8. Dezember nicht dabei sein soll. Es bestehe eine „dringende Gefahr der Weitergabe bislang unbekannter Informationen über den Stand der Ermittlungen“, heißt es darin. Gefordert wird ein entsprechender Mehrheitsbeschluss des Aufsichtsrates zum Ausschluss von Beitz.
Ehefrau geriet auf der Liste der Beschuldigten
Die Ehefrau des FDP-Ratsherrn, Sabine Dreiling-Beitz, stand von Beginn an auf der Liste der Personen, die im Verdacht stehen, in einem Korruptionsnetzwerk um den ehemaligen Seniorendienste-Chef Heinz Rinas Geschäfte zu Lasten der Stadttochter gemacht zu haben. Konkret hatten die Ermittler Geldflüsse bei einem Ausbildungsprojekt für rumänische Pflegefachkräfte zu untersuchen („Examina“).
Im Examina-Projekt war die Aleha-Unternehmensberatung von Sabine Dreiling-Beitz wie die Awo Kooperationspartnerin der Seniorendienste; Peter Beitz tauchte in der Vergangenheit immer wieder als Aleha-Vertreter auf, wenngleich er nicht müde wurde zu betonen, dass er im Unternehmen keine Verantwortung trage. Gleichwohl sitzt er mit seiner Ehefrau geschäftlich in einem Boot – wenn nicht über die Aleha Unternehmens-, so doch über die Aleha Projektberatung.
Laut damaligen Vorwürfen soll Rinas der Aleha den 150.000 Euro schweren Examina-Auftrag zugeschustert haben, ohne der Vergabepflicht für ein derart voluminöses Geschäft nachgekommen zu sein. Ein Korruptionsverdacht knüpfte seinerzeit an einer Zahlung von Aleha an eine private Rinas-Firma an. 21.305 Euro sollen geflossen sein – laut Rechnung für Beratungsleistungen, doch das Landeskriminalamt kam im Jahr 2013 offenbar zu dem Schluss, dass die Firma von Sabine Dreiling-Beitz Rinas allein für dessen Auftragsvergabe „belohnt“ haben könnte. Der Anwalt der Beitz-Eheleute wies den Vorwurf sofort zurück. Peter Beitz selbst sagte im November 2014, für die 21.000 Euro habe das „Steinbeis Beratungszentrum“ von Rinas Zertifikate für die rumänischen Projektteilnehmer ausgestellt.
Geschäftsbeziehungen zu Hauptverdächtigem aufgebaut
Nicht nur in diesem Spannungsfeld steht das FDP-Mandat von Peter Beitz im Aufsichtsrat der Beteiligungsholding, die städtischerseits die Korruptionsvorwürfe gegen Rinas & Co. im August 2013 zur Strafanzeige gebracht hatte. Heinz Rinas und Peter Beitz machen seither keinen Bogen umeinander – nein: Sie haben ihre Geschäftsbeziehungen offenbar sukzessive ausgebaut.
Erst im Oktober berichtete der Trierische Volksfreund, dass Beitz mittlerweile für die LFP Betriebsgesellschaft, die Rinas laut der Kanzlei Kümmerlein erst 2015 an seinen Sohn Philipp übertragen hat, als Geschäftsführer fungiert. Die LFP betreibt in Jünkerath das Seniorenwohnheim Haus Kylltalblick. Laut Volksfreund stellte Beitz jüngst in Aussicht, freie Kapazitäten im Haus für bis zu 100 Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen.
Rinas-Sohn mit Beitz im Geschäft
Eine Recherche im Handelsregister bringt zutage, dass Rinas und Beitz schon länger geschäftlich miteinander verbunden sind. Mitte Oktober 2014 gab Rinas die Geschäftsführertätigkeit bei der LFP aus seinen Händen in die Hände von Beitz. Die Geschäftsanschrift wechselte binnen kurzer Zeit von Düsseldorf über Rinas Privatanschrift in Menden zum Löhberg 45 in Mülheims Innenstadt, wo auch die Aleha firmiert. Offenbar haben beide Seiten gemeinsam im Juni 2015 auch die ASD Service-Gesellschaft begründet, um „sonstige Dienstleistungen für Altenheime“ zu erbringen. Geschäftsführer der ASD, die auch am Löhberg sitzt, ist neben Beitz Rinas-Sohn Philipp (27).
Noch einmal ein Bogen zur LFP Betriebsgesellschaft, für die Beitz nun seit mehr als einem Jahr geschäftlich aktiv ist: Laut Schreiben der Kümmerlein-Rechtsanwältin taucht auch sie im Zwischenbericht des Landeskriminalamtes im Korruptionsverdachtsfall auf. Unklar bleibt dabei allerdings, ob über die LFP auch vermeintliche Korruptionshandlungen gelaufen sein sollen. Aufhänger ist vielmehr die ehemalige Geschäftsadresse an der Oststraße 22 in Düsseldorf.
Ermittler untersuchen Zahlung an ein Rinas-Institut
Die Rede ist davon, dass sich hier LFP und eine weitere Firma, die von den Mülheimer Seniorendiensten mit Leasingverträgen im Gesamtwert von 104.000 Euro bedacht worden sei, zumindest eine Zeitlang die gleiche Telefonnummer geteilt hätten. Auch jene Verträge soll Rinas ohne vorgeschriebene Ausschreibung geschlossen haben, beruft sich die Kanzlei Kümmerlein auf das LKA.
Alles in allem sieht die Beteiligungsholding hier eine zu große Nähe von Beitz zu Verdächtigen im Korruptionsverdachtsfall, als dass sie in seinem Beisein im Aufsichtsrat „Informationen über Tatkomplexe und Verdachtsmomente“ gegen sämtliche Beschuldigte aus den LKA-Ermittlungen preisgeben will, „die bislang weder Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung noch des von Herrn Rinas geführten zivilrechtlichen Klageverfahrens gegen die MHSD (Anm. d. Red.: Mülheimer Seniorendienste) vor dem Landgericht Duisburg waren“. Laut dem Schreiben habe das LKA gar Anhaltspunkte ermittelt, „dass Herr Beitz in Kontakt zu weiteren Personen stand, die zum mutmaßlichen Korruptionsnetzwerk des Herrn Rinas gehörten“. So bestehe die Gefahr, dass Beitz Informationen, die er aus der Aufsichtsratssitzung mitnehme, nicht nur an seine Ehefrau oder Rinas, sondern auch an Dritte weitergebe „oder sie nutzen könnte, um eigenes strafbares Verhalten oder solches anderer Beteiligter zu verdunkeln“.
Beitz geht anwaltlich gegen einen Ausschluss vor
Peter Beitz bestätigte die geschäftlichen Beziehungen zur Familie Rinas im Gespräch mit dieser Zeitung, betonte aber, „in keiner Weise abhängig“ zu sein. „Ich suche mir meine Aufträge selbst aus.“ Zum Bestreben, ihn von der Aufsichtsratssitzung auszuschließen, hat sein Anwalt Jörg Hufer ein Gegengutachten erstellt. „Peter Beitz ist nicht verdächtig, er ist nicht mal Zeuge“, sagte er. Im Übrigen mache ein Ausschluss allein schon deshalb keinen Sinn, weil es völlig abwegig sei zu glauben, „dass Herr Beitz in der Sitzung irgendetwas erfährt, was er nicht längst weiß“. Hufer vertritt im Ermittlungsverfahren auch Sabine Dreiling-Beitz und hat nach eigener Auskunft „umfassend Akteneinsicht genommen“.
Insgesamt deutete Hufer an, dass sich seiner Meinung nach alle Verdachtsmomente gegen seine Mandantin in Luft auflösen könnten. Erst am 30. Oktober sei man zu einer viereinhalbstündigen Vernehmung beim Landeskriminalamt gewesen und habe den Ermittlern Dokumente zur Verfügung gestellt, „die die Angelegenheit in ein wesentlich anderes Licht rücken“. So gebe es mittlerweile hinreichend Hinweise darauf, dass „nicht nur Sabine Dreiling-Beitz, sondern auch andere Beschuldigte Geschädigte zu sein scheinen“. Er glaubt, dass das Ermittlungsverfahren einen ganz neuen Dreh bekommen haben könnte.