Mülheim. . Angeblicher „WDR-Mitarbeiter“ versprach Rolli Rockers Sprösslingen großzügige Geldspenden und ein Auto. Er verschwand mit 100 Euro.
Einem offenkundigen Betrüger, der sich als WDR-Mitarbeiter ausgab, ist der Verein Rolli Rockers Sprösslinge e.V. aufgesessen. Bernd Nierhaus, Gründer der Hilfs-Initiative für notleidende Kinder und Familien, wurde 100 Euro los – und menschlich tief enttäuscht.
Wie Nierhaus berichtet, meldete sich ein „Herr Schneider“ am vergangenen Freitagmittag erst telefonisch in der Vereinsgeschäftsstelle an der Bachstraße, kam dann persönlich vorbei, um eine Spendenübergabe zu vereinbaren. Angeblich sei er für „Die Sendung mit der Maus“ tätig, und deren Redaktion wolle Rolli Rockers Sprösslingen 5000 Euro überreichen. Am Samstag, den 31. Oktober, um 10 Uhr solle dies medienwirksam geschehen, samt WDR-Kamerateam.
Betrüger machte einen seriösen Eindruck
Zwei Stunden sei „Herr Schneider“ geblieben, so Bernd Nierhaus, zwei weitere Aktive des Vereins waren ebenfalls dabei. Keiner schöpfte Verdacht: „Er machte einen gepflegten Eindruck und wirkte absolut überzeugend.“ Im weiteren Verlauf des Gesprächs gab er Geschichten aus seinem Leben als WDR-Mitarbeiter und Erlebnisse mit diversen Promis zum Besten.
Als er hörte, dass Rolli Rockers Sprösslinge dringend einen Transporter brauchen, versprach er – nach mehreren vorgetäuschten Handy-Telefonaten mit der WDR-Redaktion – umgehend ein Fahrzeug. Auch die Guthabenkarte eines Möbelhauses „über 3000 Euro“ ließ er da, um den Verein zu unterstützen, der bei bedürftigen Familien Kinderzimmer renoviert.
Am Nachmittag verabschiedete sich „Herr Schneider“: Er habe noch einen Vorlesetermin gemeinsam mit Iris Berben bei einem schwerkranken Mülheimer Mädchen. Zuvor, so Nierhaus, rief er dessen Mutter an und „wirkte nach dem Telefonat besorgt“, weil er für insgesamt zehn anwesende Kinder noch Buchgeschenke besorgen müsse, aber seine Brieftasche mit EC-Karten nicht dabei habe und zu wenig Bargeld. Bernd Nierhaus half ihm mit 100 Euro aus, „Herr Schneider“ verschwand.
Rolli Rockers Sprösslinge waren hocherfreut über die Spende und feierten den „unerwarteten Geldsegen, der unsere Arbeit wesentlich unterstützt hätte“. Leider warteten sie am Samstagmorgen vergeblich auf die Leute vom Fernsehen. Die hinterlassene Handy-Nummer lief ins Leere. Die Gutscheinkarte vom Möbelhaus war nicht aufgeladen. Die 100 Euro will Nierhaus nun aus eigener Tasche zahlen, „da ich persönlich dieser fiesen Masche auf den Leim gegangen bin“.
Er betont: „Ich habe Lehrgeld bezahlt. Der Verein hat aber keinen Schaden erlitten.“ Rolli Rockers Sprösslinge haben Anzeige bei der Polizei erstattet und warnen vor den Machenschaften des „Herrn Schneider“. Nierhaus beschreibt den Mann so: zwischen 55 und 60 Jahre alt, etwa 1,65 bis 1,70 m groß, Haarfarbe: dunkelbraun/grau, bekleidet mit einer Stoffhose, Pullover und schwarzer Regenjacke.
Polizei ermittelt
Die Polizei war bereits am Samstag in der Geschäftsstelle von Rolli Rockers Sprösslingen und hat die Ermittlungen aufgenommen, wie Sprecher Marco Ueberbach gestern auf Anfrage bestätigte. Ob es sich um den selben Mann handelt, der schon vor drei Jahren mit dem gleichen Trick in Essen auffiel, sei aber noch nicht klar.
Im November 2012 hatte sich ein Unbekannter „Herr Schröder“ an mehreren Stellen in der Nachbarstadt als Mitarbeiter der „Sendung mit der Maus“ ausgegeben und Bargeld erschwindelt. Seinerzeit hatte ihn die Essener Polizei als deutschlandweit bekannten Betrüger aus Bonn identifiziert, der mit Haftbefehl gesucht wurde.
Auch in Mülheim weckt der jüngste Fall Erinnerungen, so bei Ulrich Schreyer, Geschäftsführer des Diakoniewerks Arbeit & Kultur: Sie hatten vor einigen Jahren bei einem Pressegespräch einen unbekannten Rundfunk-Vertreter am Tisch. „Er trat eloquent auf und wusste auch viel.“ Betriebsleiter Farrenberg habe den Mann anschließend ein Stück im Auto mitgenommen und ihm 20 Euro geliehen, angeblich für einen Blumenstrauß. Auf Nimmerwiedersehen...
Sie hätten damals nicht die Polizei eingeschaltet, so Schreyer, nur „über die eigene Dummheit gelacht“ und beim WDR angerufen: „Dort war die Masche bekannt.“