Für Ismail Omari ist es eine „Instinktentscheidung“ sein Zuhause zu verlassen. Im libanesischen Beirut bekämpfen sich Mitte der Achtziger Jahre verfeindete Milizen, die keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nehmen – für den damals 13-Jährigen besteht kaum Aussicht auf eine Zukunft im Frieden. „Ich war der erste Jugendliche, der damals alleine in die BRD eingereist ist“, erinnert sich der heute 41-Jährige.
Bereits in den Sechziger Jahren kommen Ismail Omaris Eltern als Kurden aus der Türkei in den Libanon. Mit seinen Geschwistern besucht er eine arabische Schule in der Hauptstadt Beirut. Als 1975 die ersten Bomben fallen, ist er noch klein. Er wächst im Krieg auf. „Als wir dann Verluste in der Familie erlitten, habe ich den Entschluss gefasst, Beirut zu verlassen.“ Eine Mischung aus „Verzweiflung und Neugier“ habe ihn angetrieben.
Als Jugendlicher jobbt er bereits bei einem Goldschmied, „meine Ausrüstung habe ich verkauft und all mein Geld gespart, um mir ein Flugticket nach Deutschland kaufen zu können“. Warum ausgerechnet Deutschland? „Wir hatten davon gehört, dass Kriegskinder ohne Visum einreisen dürfen, dass es eine Chance auf Asyl gibt.“
Vom Frankfurter Flughafen aus geht es für den 13-Jährigen mit einem Bustransfer zur Registrierung und anschließend in ein Wohnheim ins Revier. „Ich bekam einen Vormund in Essen und lebte später auch dort“, erinnert sich Ismail. Später kam sein Bruder nach, zusammen ziehen die beiden nach Mülheim. „Wir wurden gut gefördert, und es gab viele Menschen, die sich um uns gekümmert haben“, sagt Ismail rückblickend. Auch wenn er sich zunächst schwertut mit der deutschen Sprache. Denn in der Schule besucht er gleich eine Regelklasse und braucht lange, bis er sich ins System einfindet. Später holt er an der VHS die Fachhochschulreife nach, findet er eine Stelle als Beikoch im Ringlokschuppen und macht eine Koch-Lehre in der Stadthalle.
Der Begriff Heimat ist für Ismail Omari kaum greifbar. „Mein Zuhause ist heute Mülheim, der Ringlokschuppen“, sagt er. Mittlerweile hat er neben dem libanesischen den deutschen Pass, ist verheiratet und lebt mit seiner Frau und der dreijährigen Tochter in Eppinghofen. „Ich kann sagen, dass ich angekommen bin“. Auch wenn die Flucht, die Entwurzelung, bis heute Auswirkungen auf sein Leben habe: „Ich habe oft Angst, wegzugehen, überhaupt in den Urlaub zu fahren.“ Dennoch versuche er, aus allem Erlebten etwas Neues zu schaffen. „In meiner Küche kann ich das.“ In seinen Rezepten der „Cuisine Nomade“ kombiniert Ismail Geschmackliches aus vielen Kulturen, etwa der türkischen, kurdischen und deutschen Küche. Wie das schmeckt? Vielleicht ein bisschen nach Heimat.