Mülheim. . Die „Volxbühne“ startet in die Spielzeit. Die Premiere „Das letzte Band“ von Beckett findet am 16. Oktober statt. Neue Eigenproduktion zum Thema Generationen und Wandlung.

Andreas Beutner ist 65 Jahre und hat sich im gereiften Alter einen Jugendtraum erfüllt: Theater spielen – mit Feuer, Flamme und einem Dauerbrenner, „der mich schon lange beschäftigt und begleitet hat“, sagt er. Gemeint ist „Das letzte Band“ von Samuel Beckett. Allein muss Beutner den kammerspielartigen Abend stemmen.

Doch diese Herausforderung nimmt der Mann, der erst spät Sprech- und Schauspielunterricht nahm und sich Passagen des Textes bereits erarbeitet hat, nur zu gerne an. Jörg Fürst, Künstlerischer Leiter der „Volxbühne“, sei es gewesen, der es ihm ermöglicht habe, „das Stück bühnenfähig zu machen“, sagt Beutner. Dem ehemaligen Tonmeister ist das Tonband als einziges Requisit auf der Bühne bestens vertraut. Inhaltlich gesehen, „ist es eine schöne Stückthematik“. Die Hauptfigur, den Krapp, sieht er als „einen Herzens-Clown, eine tragische Figur, die einem schon wegen ihrer Schrulligkeit ein Schmunzeln entlockt“.

In dem Monodrama lässt der alte Krapp anhand eines Tonband-Tagebuches sein Leben Revue passieren. Er wird mit der Stimme der Jugend konfrontiert, mit Träumen, Ängsten, verflossener Liebe und verflogenem künstlerischen Schaffen. „Das Zusammenspiel von Tonbandmaschine und Mensch zeigt den ganzen Kosmos des Lebens“, bringt es Jörg Fürst auf den Punkt. Premiere am 16. Oktober.

Andreas Beutner ist einer von den sechs „Neuen“ zwischen Mitte 40 und 60, die das Theater der Generationen bereichern und den Altersschnitt nach unten drücken. Insgesamt zählt das Ensemble rund 30 Mitstreiter, der älteste 83 Jahre, davon 22 aktive Spieler.

Nach den Ferien sind sie mit Elan bei der Sache. Eine breit angelegte Eigenproduktion, deren Stückentwicklung schon lange davor begann, bringt die „Volxbühne“ mit „TraumA“ als crossmediales Theaterprojekt am 2. Dezember heraus. „Darin geht es um Träume, Traumata und Lebensentwürfe unterschiedlicher Generationen“, erläutert Fürst. Mit Blick auf das universelle Thema „Wandlung“ vollziehen sich im Leben körperliche, psychische und geistige Metamorphosen im Laufe der Zeit. „TraumA“ ist so etwas wie ein Forschungsprojekt auf Bühnenboden: Ein gemischtes Ensemble macht sich auf den Weg, um die Wandlung verschiedener Altersklassen auszuloten: Wie habe ich geträumt, als ich 20, 40, 60, 80 war? Wie habe ich gelebt? Berühren sich die Lebensentwürfe der Generationen noch? Mit solchen Fragen beschäftigen sich 13 „Experten des Alltags“ der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegsgenerationen, dazu drei „Experten der Jugend“ sowie vier professionelle Schauspieler des Kölner Atonal-Theater. Um Publikum einzubinden, wurde der Internet-Videokanal „traumA TV“ gestartet, den Valerij Lisac betreut. Schüler sind aufgerufen, sich mit eigenen Sendebeiträgen zu beteiligen, zudem gibt es eine Facebook-Seite. Ein zweitägiger Kongress geht beim „TraumA“ in die Tiefe.

„Winterreise“ für zwei Preise nominiert

Für Volxbühnen-Leiter, den Kölner Jörg Fürst, beginnt jetzt seine dritte Spielzeit in Mülheim. Mit der beliebten „Winterreise XL“ von Elfriede Jelinek aus der vergangenen Saison startet das Programm im Theaterstudio an der Adolfstraße 89a am 8., 10. Oktober, jeweils 19.30 Uhr, und 11. Oktober, 16 Uhr.

Die Inszenierung, erweitert um drei Profi-Schauspieler und zusätzliche Kapitel als gültige Interpretation des Jelinek-Textes, wurde bei zwölf ausverkauften Vorstellungen in der Alten Feuerwache in Köln ebenso gefeiert wie bei der Aufführung im April vor 200 Zuschauern im Theater an der Ruhr. „Die Winterreise“ ist gleich für zwei Preise nominiert, den Kurt-Hackenberg-Preis für politisches Theater in Köln und den Kölner Theaterpreis: Daumen drücken, heißt es am 7. Dezember, wenn die Entscheidung in Köln bekannt gegeben wird.