Jetzt beginnt die Zeit, die kein Bewerber gerne mag, die Zeit der Ungewissheit, des Wartens: Hat es geklappt? Werden Mülheim und Bottrop Standort für die Fachhochschule Westliches Ruhrgebiet?
Im Maritim Hotel am Düsseldorfer Flughafen war gestern Bewerbungsrunde. In 15 Minuten konnten Vertreter der Städte noch einmal einer hochkarätig besetzten Jury aus Wirtschafts- und Hochschulexperten ihr Konzept näher erläutern, Fragen beantworten und erste Reaktionen spüren.
Es waren Vertreter der Wirtschaft, die die Vorzüge des Konzeptes einer vernetzten, internationalen Hochschule anpriesen und untermauerten. Das Who ist Who der deutschen Wirtschaft stehe hinter diesem Vorhaben, betonte der Präsident der Unternehmer-Verbandsgruppe, Heinz Lison. Noch nie in den vergangenen 30 Jahren habe er in der Unternehmerschaft so eine einhellige Zustimmung zu einem Projekt erhalten.
Die Begeisterung drückt sich auch in Zahlen aus: 240 duale Ausbildungsplätze haben die Unternehmen im Zuge der Fachhochschule bereits fest zugesagt, fünf Stiftungsprofessuren liegen quasi als Köder auf dem Tisch, dazu eine hohe Zahl an Stipendien, an Patenschaften, Forschungskooperationen und Praktikumsplätzen. Mit 38 weiterführenden Schulen würde die Fachhochschule zusammenarbeiten, um junge Leute frühzeitig für einen der angebotenen Ingenieur-Studiengänge zu gewinnen, wie IHK-Präsident Dirk Grünewald betonte.
Die Spitzen beider Städte, Dagmar Mühlenfeld und Peter Noetzel, sowie die Unternehmerschaft sehen in der Fachhochschule einen guten Weg, den großen Fachkräftemangel zu beseitigen. RWE sucht an die 1000 Ingenieure, Siemens an die 400 Fachleute, aber auch der Mittelstand, so Lison, würde kräftig von diesem Bildungsstandort profitieren.
Dieser fehlt gerade im westlichen Ruhrgebiet, nirgends ist die Übergangsquote von potenziellen Fachhochschülern so gering wie in dieser Region, in der immerhin zwei Millionen Menschen leben, 113 000 Unternehmen ansässig sind, darunter 830 produzierende Betriebe mit über 20 Beschäftigten. 14 Studiengänge sieht das Konzept vor, darunter Mechatronik, Energiesystemtechnik, Biomedizintechnik und Angewandte Informatik. 2500 Studenten ist eine erste Zielgröße, es könnten je nach Bedarf mehr werden. Beide Standorte sind erweiterungsfähig. In Mülheim will man den Lehrenden und Lernenden die beste Lage anbieten, direkt an der Ruhrpromenade.
Es geht, hebt Lison hervor, nicht darum, entfernten Fachhochschulen etwas wegzunehmen: „Es geht um die Ausbildung dringend benötigter zusätzlicher Ingenieure.” Dass die Nachbarstädte Essen, Duisburg und Oberhausen die Bewerbung unterstützen, stärkt sie. Vor allem aber sieht man in Mülheim im Partner Bottrop ein echtes Pfund: Bottrop ist größter Kohlerückzugsstandort. Da muss was folgen.
Wirtschaftsförderer Jürgen Schnitzmeier weist auf mögliche Interimslösungen hin, mit denen die Städte schon zum Wintersemester 2009/2010 den Studienbetrieb aufnehmen könnten.
Und wie ist das Gefühl nach der Präsentation? „Ich bin überzeugt, dass wir gute Chancen haben”, sagt Dagmar Mühlenfeld. Die Jury, heißt es, sei durchaus beeindruckt gewesen. Im November wird sie entscheiden, Mitte Dezember hat das NRW-Landeskabinett das letzte Wort.