Mülheim. . Parteistrategen erweitern Plakate. Kreisvorsitzender: OB darf im Rathaus nicht an roter Leine hängen. Sozialdemokraten kontern: Das ist arm an Qualität.

Auf der Zielgeraden zum Wahltag plakatiert die CDU noch einmal neu und holt dazu einen alten Vorwurf, den es im Ruhrgebiet häufig gab und noch gibt, Richtung SPD hervor: Klüngel, und das im negativen Sinne. „Neue Bürgernähe statt alter Klüngel“ ist unter dem Foto von OB-Kandidat Werner Oesterwind nun zu lesen. „Wir wollen den Wahlkampf zuspitzen. Wir wollen keinen Oberbürgermeister, der an der Leine der SPD-Leine hängt“, sagt der CDU-Kreisvorsitzende Andreas Schmidt. „Das wäre ein Weiter-So wie bisher.“

Ähnlich argumentiert der Parteigeschäftsführer, Thomas Mehlkopf-Cao: „Es geht im Rathaus nicht nur um ein neues Gesicht, sondern auch um ein neues System. Ein klassisches Beispiel für Klüngel zwischen Stadtverwaltung und SPD sei für ihn der jüngste Vorgang zur Aufstellung der Wahlplakate gewesen: Die Stadtverwaltung habe auf kurzem Wege der SPD die vorzeitige Aufstellung genehmigt. Mehlkopf-Cao ist überzeugt, im Rathaus spürten auch andere den Klüngel.

Wirklich? Der FDP-Kreisvorsitzende Christian Mangen wünscht sich vom neuen OB einen neuen Stil: „In der Vergangenheit“, so Mangen, „hieß leider oft die Devise: Möglichst wenig Stadtrat, möglichst viel intern regeln.“ Mangen sagt aber auch Richtung CDU: „Sie muss sich fragen lassen, was sie für mehr Transparenz getan hat.“

Für die Mülheimer Bürgerinitiativen (MBI) ist der Klüngel-Vorwurf nichts Neues. „Wir haben oft beklagt, dass Dinge im Hinterzimmer von einem kleinen Kreis im Rathaus geregelt wurden“, kritisiert Fraktionschef Lothar Reinhard. Das System habe keineswegs nur mit der SPD zu tun. Und Klüngel hat für die MBI auch mit verklüngeln zu tun: „Oft sind wichtige Entscheidungen viel zu lange hinausgeschoben, nicht beantwortet oder auf Gutachter übertragen worden.“ ÖPNV, VHS seien Beispiele.

„Unterste Schublade“

Für die SPD ist der Schwenk der CDU kurz vor der Wahl „unterste Schublade“, so drückt es Parteigeschäftsführerin Yvonne Hartig aus. Etwas Ähnliches planen die Genossen nicht. „Das ist nicht unser Stil, das ist arm an Qualität.“ Die SPD fordert den CDU-Kandidaten auf, wenn er Klüngel sieht, soll er konkret sagen wo. Für die SPD in Mülheim gilt: Mit uns hat es nie Klüngel gegeben.

Was bringt die schärfere Gangart auf den letzten Metern? Für die CDU, so heißt es, gehe es noch einmal darum, aufzurütteln und die Wahlbeteiligung zu heben. Schmidt: „Wir haben immer betont: Erst die Stadt, dann die Partei.“ Das Vorgehen hält die Parteigeschäftsführerin der SPD für kontraproduktiv: „So fördern wir eher Politikverdrossen, schrecken vom Wahlgang ab. Dabei müssen alle Parteien ein Interesse daran haben, dass es eine möglichst hohe Wahlbeteiligung gibt.“

In Mülheim gibt es eine Menge Klüngel, davon ist Peter Loef, der Vorstandssprecher der Grünen, überzeugt. Die Grünen wünschen sich einen Politik und Verwaltungsstil, der stärker auf echte Bürgerbeteiligung setzt und weniger den Bürgern etwas vorsetzt. Verflechtungen sieht Loef an vielen Stellen, parteiübergreifend, bis in städtische Gesellschaften und Unternehmen hinein. „Das ist nicht nur ein Problem bei der SPD.“