Früher, in den 1950er Jahren, war an der Ruhr viel los. Jugendliche haben am Ruhrstrand gezeltet, sind im Fluss geschwommen und haben Musik gemacht. Von 1952 stammt das Bild, welches Willi Steeger damals gemacht hat. Der Trompeter ist nun ermittelt. Es ist Helmut Schlitt, Gründer der legendären „Woodhouse Stompers“.
„Das ist bestimmt der junge Helmut Schlitt, dem Mülheim mit der Helmut-Schlitt-Brücke ein Denk-mal gesetzt hat. Der junge Mann im Vordergrund links dürfte Eddy
Luib, der erste Bassist der „Woodhouse Stompers“ sein, der leider sehr früh gestorben ist“, schreibt Klaus Fabri. „Ich selbst bin erst Mitte der 50er-Jahre zur Mülheimer Jazz Szene gestoßen, glaube aber spontan, richtig zu liegen.“ Klaus Fabri liegt absolut richtig. Das bestätigen Jürgen Schlitt, Bruder des Trompeters, und Manfred Mons, der sich heute um den Jazznachwuchs in der Stadt kümmert, wie damals Helmut Schlitt. „Wir wohnten in Styrum und waren alle im Posaunenchor des CVJM“, erinnert sich Jürgen Schlitt. Mein Bruder konnte schon damals auf dem Flügelhorn „Oh, du Fröhliche“ improvisieren, was beim Dirigenten gar nicht gut ankam. Er hatte Talent und verfeinerte ständig sein Spiel.“ Helmut Schlitt hatte bei den Amerikanern Jazz gehört, Louis Armstrong war sein Vorbild. „Aber viele wollten die Negermusik, wie sie damals abwertend genannt wurde, nicht hören“, sagt Schlitt. „Dabei haben die Amerikaner uns geholfen und die gute Musik mitgebracht“, fügt Manfred Mons hinzu.
Bald wechselte Schlitt zur Trompete, suchte, spielte und probierte Melodien, wie an der Ruhr. „Da konnten wir alles machen und haben keinen gestört“, erinnern sich die Jazzfreunde. Bald probten einige Jungs bei Henk Piek. Er ist heute noch als Schlagzeuger in der Ruhr-River-Jazzband aktiv. Seine Eltern hatten eine hölzerne Hütte im Garten. „So entstand der Bandname“, erinnert sich Jürgen Schlitt. „Damals schnallte mein Bruder zwei Briketts auf den Gepäckträger, nahm seine Trompete und fuhr mit dem Fahrrad zur Bülowstraße.“ Es dauerte Jahre, bis der Siegeszug des Jazz einsetzte. Auch Manfred Mons stieß bei seinem Vater auf Widerstand: „So ‘ne Musik kommt mir nicht ins Haus.“ Bald hatte er eine Posaune und die Musik war doch im Haus.
900 Leute im Altenhof
Bald spielten die „Woodhouse Stompers“ jedes Wochenende. „Die Leute rissen sich um Konzertkarten. 60 bis 70 Mark gab es für einen Abend, an dem die Band drei bis vier Stunden jazzte“, beschreibt Mons die Zeit. „Es gab die Jazzachse Mülheim-Dortmund“, fügt Jürgen Schlitt hinzu. Auf dem Weg zum Jazzclub an der Kalkstraße nutzen die Jazzfans heute die Helmut-Schlitt-Brücke am Tourainer Ring. „Fast sieben Jahre dauerte es, bis wir die Namensgebung durchhatten“, sagt Mons. Er hatte die „Woodhouse Stompers“ 1956 im Altenhof gesehen: „Damals waren 900 Leute da.“
Der Beruf brachte Helmut Schlitt 1960 nach Italien, wo er ab 1974 in der Milano Jazz Gang spielte. Seine „Woodhouse“ spielt noch immer Dixieland und ist mit der „Barrelhouse Jazzband“ (Frankfurt) heute die älteste in Deutschland. Helmut Schlitt kehrte immer wieder zu Benefizkonzerten mit seinen Musikerfreunden nach Mülheim zurück. Er starb am 4. September 2005.